■ Kosovo: Wie soll Rußland militärisch eingebunden werden?
: Die Gefahr der Teilung

In den westlichen Hauptstädten scheinen die Erfahrungen der Miloevic-Taktiken ausgewertet worden zu sein. Die Taktik, zu verzögern, neue Forderungen zu stellen, sich an Nebenfragen festzubeißen, wie sie noch in Bosnien erfolgreich angewandt wurde, scheint nicht mehr zu ziehen. Dem Scheitern der Verhandlungen in Kumanovo folgten Bombenangriffe. Und das ist eine unmißverständliche Sprache.

Das Versprechen Clintons und Blairs, Bedingungen für die sichere Rückkehr der Vertriebenen zu schaffen, wiegt also schwer. Aber es muß in jeder noch so unwichtig erscheinenden Detailfrage eingelöst werden. Wird die serbische Grenzpolizei bleiben können, wird sie abziehen müssen und nach einigen Wochen erst wieder installiert? Jede Option zieht einen Rattenschwanz an Konsequenzen nach sich. Würde sie bleiben, würden die Rückkehrer wieder mit jenen konfrontiert, die sie vor kurzem vertrieben und ausgeraubt haben, sie müßten jenen gegenübertreten, die ihnen Papiere und Pässe abgenommen haben. Ist das zumutbar? So wird die Rückkehr der Vertriebenen in Frage gestellt.

Sicher, es war wichtig, Rußland in die Verhandlungen einzubinden. Eine Konfrontation hätte zu einer unkontrollierbaren Lage führen können. Doch die Konzessionen an Rußland erschweren den Friedensprozeß. Die Frage, wo, wie und wann russische Truppen im Kosovo eingesetzt werden, ist schon jetzt zum zentralen Zankapfel geworden.

Denn der Westen kann nicht dulden, daß russische Truppen einen Sektor Kosovos besetzen. Die Forderung Moskaus und Belgrads, russische Truppen in Kosovska-Mitrovica und den reichen Bergbaugebieten um Trepca zu stationieren, würde nicht nur die Rückkehr der Vertriebenen jener Region verhindern. Dies könnte sogar als Konzession an Belgrad gewertet werden, die Teilung des Kosovo einzuleiten. Deshalb kann den russischen Truppen kein Status mit territorialer Zuordnung zugestanden werden.

Das Problem ist, daß die wichtigsten Nato-Staaten das Kosovo nach bosnischem Modell in territorial definierte Zonen aufgeteilt haben. Warum sollen nun die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland mit ihren Armeen ganze Landesteile besetzen, Rußland aber nicht? Das kann Moskau nicht hinnehmen. Deshalb muß man vom Territorialprinzip abrücken und über klare Entscheidungsstrukturen alle Armeen einbinden. Anders wird es kaum Demokratie und Rechtssicherheit im Kosovo geben. Erich Rathfelder