Neuer europäischer Stahlriese geschmiedet

■ British Steel und Koninklijke überholen mit ihrem Zusammenschluß Arbed und Usinor

Berlin (taz) – So leicht ließen sich Gewerkschaftsvertreter nicht übertölpeln: Als British-Steel-Generaldirektor John Bryant am Montag in London den Zusammenschluß des britischen Stahlherstellers mit seinem wesentlich kleineren niederländischen Konkurrenten Koninklijke Hoogovens bekanntgab, erklärte Joost Duinhoven von der Gewerkschaft FNV prompt, dabei könne es sich doch eigentlich nur um eine Übernahme handeln – mit allen negativen Folgen, die eine Zukunft von Hoogovens als verlängerte Werkbank British Steels vor allem auf die Arbeitsplätze in den Niederlanden hätte. Tatsächlich mußte auch Bryant zugeben, daß der Zusammenschluß, der binnen drei Jahren jährliche Einsparungen von 300 Millionen Euro ermöglichen soll, auf jeden Fall Arbeitsplätze kosten wird. Zahlen wollte er nicht nennen. Duinhoven erhofft sich mehr Informationen von einem Treffen mit der Hoogoven-Geschäftsführung, das am Donnerstag stattfinden soll.

Der neue Stahlkonzern, der sich parallel zum Auftritt Bryants vor der Presse im Internet bereits auf einer gemeinsamen Website (www.bskh.com) der beiden Unternehmen präsentierte, wird mit einem zusammengerechneten Umsatz von 14,6 Milliarden Euro und einem Börsenwert von 4,6 Milliarden Euro der größte Europas und der drittgrößte der Welt sein. 62 Prozent der Anteile sollen bei British Steel, 38 bei Hoogovens liegen, den Vorsitz will der bisherige British-Steel-Chef Brian Moffat übernehmen, der Hoogoven-Vorsitzende Henny de Ruiter wird sein Stellvertreter.

„Es ist ganz klar, daß British Steel in der überlegenen Position ist“, sagte ein Analyst und bestätigte damit indirekt die Bedenken der Beschäftigten. Ein anderer erklärte dagegen, beide Unternehmen hätten sich „ziemlich viel Mühe gegeben, zumindest den Eindruck zu vermeiden, daß es hier um einen ungleichen Deal geht“. British Steel produziere derzeit zweieinhalbmal soviel Stahl und beschäftige mehr als doppelt so viele Leute wie Hoogovens. Um die Unternehmenswerte einigermaßen aneinander anzugleichen, habe Bryant in der vergangenen Woche bereits eine Sonderausschüttung in Höhe von 2,1 Milliarden Mark angekündigt. „Das ist eine sehr ungewöhnliche Konstruktion, die wohl vor allem psychologisch wirken soll.“

Tatsächlich könnten beide Unternehmen von dem Zusammenschluß profitieren. British Steel, derzeit hinter der luxemburgischen Arbed und der französischen Usinor das drittgrößte Stahlunternehmen in Europa, versucht seit langem, auch auf dem europäischen Kontinent Fuß zu fassen und dadurch den Schwierigkeiten mit dem starken britischen Pfund aus dem Weg zu gehen, die immer wieder zu Umsatzeinbußen geführt hatten. Hoogovens gehörte nach der Neuordnung auf dem europäischen Stahlmarkt nur zur zweiten Liga und hat – wie etwa auch die deutsche Salzgitter AG – eine Größenordnung, die als kaum wettbewerbsfähig gilt, weil die rasante Entwicklung in der Stahlproduktion Investitionen in neue Technologien erfordert, die nur in einem größeren Konzernumfeld lohnen. Beate Willms