NS-Urteile gegen Homos aufheben

Hamburger Regierung will mit Bundesratsinitiative NS-Unrechtsaufhebungsgesetz nachbessern und von Nazis verurteilte Schwule rehabilitieren  ■   Aus Hamburg Judith Weber

Schwule, die von Nazi-Gerichten wegen ihrer Homosexualität verurteilt wurden, sollen rehabilitiert werden. Mit einer Initiative im Bundesrat will die rot-grüneHamburger Regierung durchsetzen, daß die verhängten Haftstrafen wegen „homosexueller Handlungen“ zu Unrechtsurteilen erklärt werden. Die Nationalsozialisten verurteilten zwischen 1933 und 1945 rund 50.000 Schwule und Lesben; 15.000 von ihnen starben in Konzentrationslagern.

Mit der Bundesratsinitiative soll das NS-Unrechtsaufhebungsgesetz „nachgebessert“ werden. Das 1998 verabschiedete Gesetz schließt Homosexuelle und Deserteure aus. Wenn sie ihre Urteile für nichtig erklären lassen wollen, bleibt ihnen nur die sogenannte Einzelfallprüfung. „Die ist jedoch nicht sachgerecht und nur selten durchführbar“, kritisieren Hamburgs Regierungsparteien. Oft fehlten wichtige Akten oder ZeugInnen seien inzwischen verstorben. Vor rund einem Jahr hat die SPD-Bundestagsfraktion schon einmal versucht, das Aufhebungsgesetz zu ändern. Auch die Länder Berlin und Sachsen-Anhalt legten damals einen gemeinsamen Gesetzentwurf vor, der eine Annullierung der Urteile vorsah. Beide Entwürfe scheiterten jedoch an der CDU/CSU- und FDP-Mehrheit im Bundestag. Mit einer rot-grünen Regierung in Bonn dürfte es nun einfacher sein, die Änderungen durchzubringen, hofft Lutz Kretschmann, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter in Hamburg. Überlebende könnten dann nicht nur Entschädigung bekommen. Kretschmann wünscht sich außerdem, daß die Familien und PartnerInnen der Homosexuellen die Rehabilitierung beantragen können: „Schließlich sind viele Betroffenen schon gestorben. Es gibt aber noch lebende Freundinnen oder Freunde, denen ein solcher Schritt viel wert wäre.“

Die Gesetzesänderung wäre auch „eine symbolische Handlung“, findet Farid Müller, schwulenpolitischer Sprecher der Hamburger Grünen. Genau 30 Jahre ist es her, daß der Paragraph 175, der Homosexualität unter Strafe stellte, reformiert wurde. Er wurde nach 1945 unverändert aus den Gesetzbüchern der Nazis übernommen und galt in dieser Form bis 1969. Vollständig abgeschafft wurde der Passus vor fünf Jahren.