Hindernis Privateigentum

„Dosengarten“ zieht auf Gelände in Lokstedt. Eigentümer Greve droht mit Anzeige. Besetzung heute voraussichtlich beendet  ■ Von Heike Dierbach

Das erste Hindernis war noch technischer Natur und überwindbar: Den acht Meter langen Bauwagen mit dem Traktor rückwärts zu schieben, entpuppte sich zwar als schwierig – der Wagen schlingerte stets dorthin, wohin er nicht sollte. Schließlich aber zogen und schoben die neun Mitglieder der Bauwagengruppe „Ich hab' dir nie einen Dosengarten versprochen“ und rund 20 UnterstützerInnen das Gefährt mit vereinten Kräften in die Einfahrt: Gestern nachmittag besetzte die Gruppe ein ehemaliges Kleingartengelände zwischen der U-Bahn-Haltestelle Hagenbecks Tierpark und dem NDR-Hochhaus in Lokstedt.

Das etwa zwei Fußballfelder große Areal „ist sehr geeignet“, so ein Mitglied: Ein zugewachsener Feldweg schlängelt sich durch verwilderte Wiesen mit Büschen und Bäumen. Von der vielbefahrenen Julius-Vosseler-Straße zeugt nur noch ein fernes Rauschen. Bisher „lebten wir zwischen Autobahn und Müllverbrennungsanlage“, berichtet ein anderer Bewohner, „das kann doch nur ein Provisorium sein.“ Die Dosengartengruppe war Ende November vorigen Jahres nach über zweimonatiger Odyssee durch sechs Hamburger Bezirke und 17 Räumungsverfügungen – fast alle beantragt von den jeweiligen Bezirksämtern – schließlich auf dem Parkplatz Braun am Volksparkstadion geduldet worden.

Diesmal war es nicht das Amt, das sich quer stellte: Das Gelände bei Hagenbecks Tierpark gehört dem Bauunternehmer Helmut Greve, der in Hamburg durch die Finanzierung der neuen Uni-Flügelbauten bekannt wurde. Er drohte gestern der Gruppe umgehend mit einer Anzeige, falls sie den Platz nicht räume. Die Verhandlungen zwischen BesetzerInnen und Greve-Vertretern dauerten bei Redaktionsschluß noch an.

Auf eine erneute gewaltsame Räumung wollte „Dosengarten“ es nicht ankommen lassen – „wir müssen wohl wieder zurück zum Parkplatz Braun“, meinte ein Mitglied. Von dem Ende Mai geänderten Gesetz, das das Wohnen in Bauwagen künftig gestattet, erhofft sich die Gruppe nicht viel – Wagenplatz-GegnerInnen hätten nun „lediglich ein Argument weniger“.

Unmittelbar vor der Besetzung war gestern ein Prozeß gegen zwei Frauen der Gruppe wegen Geringfügigkeit gegen je 200 Mark Geldbuße vorläufig eingestellt worden. Die beiden 22- und 24jährigen sollen während der Bauwagen-Räumung bei der Roten Flora im November 1998 Polizisten der Lerchenwache geschlagen und beleidigt haben. Die beiden Frauen erklärten, sie hätten im Polizeiauto und auf der Wache lediglich auf die Äußerungen der Beamten reagiert. Die hätten sie beschimpft mit Worten wie: „Wer dich fickt, fickt auch einen Hund“ oder „Wir ficken keine Schlammösen“. Von den vernommenen Polizisten wollte sich keiner an diese Aussagen erinnern können.