Kirche soll Güte zeigen

■ Kantor und Diakonin klagen gegen fristlose Kündigung / Arbeitsgericht gütliche Einigung erreichen / BEK vermittelt im Streit und sucht Stellen in anderen Gemeinden

Eine „wilde Ehe“ beschäftigt weiter die evangelischen Kirchengemeinden in Bremen, nachdem die Kirchengemeinde St. Magni ihren Kantor und ihre Diakonin fristlos gekündigt hatte (vgl. taz vom 6.2.1999). Das Zerwürfnis mit ihrem früheren Dienstherren Pastor Steinkopf hat sich gestern im Gebäude des Arbeitsgerichts gezeigt: Beide Seiten hielten größten Abstand voneinander – keine Begrüßung, kein Blick. Eine Lösung des arbeitsrechtlichen Konflikts ist noch nicht in Sicht – aber gütlich soll sie sein.

Das will jedenfalls die Richterin am Arbeitsgericht: Sie hat gestern den Prozeß des Kantors Michael Kristahn gegen seine fristlose Kündigung vertagt. Das Arbeitsgericht hat auch die Klage der Jugenddiakonin Uta Dreyer verschoben. Die Bremische Evangelische Kirche (BEK), der Dachverband der selbständigen Gemeinden, will als Vermittlerin einspringen: In der Sorge, daß sie das arbeitsgerichtliche Verfahren verliert, sucht sie neue Stellen, um die beiden „Geschmähten“ in anderen Kirchengemeinden unterzubringen und eine Rücknahme der Kündigungs-Klage der beiden Entlassenen damit zu ermöglichen.

Die Liebesbeziehung des Kantors mit der Diakonin ist Stein des Anstoßes gewesen und hat zu der fristlosen Kündigung geführt. Denn „Du sollst nicht ehebrechen“ steht in den Geboten Gottes und das ist Leitlinie für Pastor Steinkopf, Vorsitzender des Kirchenvorstandes der St.-Magni-Gemeinde – vor allem MitarbeiterInnen müßten die Glaubensvorstellungen der Kirche beispielhaft vorleben.

Michael Kristahn hatte sich schon vor einem Jahr von seiner Ehefrau getrennt und war für alle Gemeindemitglieder sichtbar aus der gemeinsamen Dienstwohnung ausgezogen. Das hatte den Gemeindevorstand noch nicht auf den Plan gebracht. Die Wellen in der Gemeinde schlugen erst hoch, als Kristahn selbst seine Beziehung mit Uta Dreyer im Dezember 1998 offiziell gemacht hat. Der Gemeindevorstand kündigte den Mitarbeitervertreter fristlos. Der Kirchenchor protestierte – und auch andere Kirchengemeinden empörten sich: Im Namen der Gebote Gottes dürften MitarbeiterInnen nicht abgestraft werden.

Die BEK bemühe sich, Stellen in anderen Kirchengemeinden zu finden, bestätigt ihr Rechtsanwalt Baumann-Czichon auf Nachfrage. Und die BEK gibt sich ihrerseits optimistisch: Für Uta Dreyer sieht es da als Jugenddiakonin besser aus als für den Kantor, so BEK-Justitiar Johann-Daniel Noltenius. Denn es gibt nur zehn Kantorenstellen in Bremen, in der gleichen Größenordnung wie in St. Magni. juf