„Der CIA kann zurückkommen!“

■ Sudans Außenminister Mustafa Ismail Osman erklärt, warum Sudan nicht Jugoslawien ist und warum er gute Beziehungen mit den USA wünscht

taz: Während des Kosovo-Krieges sind zuweilen Vergleiche zwischen der Unterdrückung der Kosovo-Albaner und dem Bürgerkrieg im Südsudan angestellt worden. Wie reagieren Sie auf diese Parallele?

Ismail Osman: Die beiden Situationen sind nicht vergleichbar. Im Kosovo findet ethnische Säuberung statt. Die Kosovo-Albaner fliehen ins Ausland, aber nicht nach Belgrad, die Hauptstadt Jugoslawiens. Wenn die Bevölkerung des Südsudan flieht, wandert sie zu zwei Dritteln in den Norden des Sudan. In der Hauptstadt Khartum leben eine Million Südsudanesen! Das ist der große Unterschied. Es beweist, was für eine Toleranz in der sudanesischen Gesellschaft herrscht.

Aber aus US-amerikanischer Perspektive ist Sudan ein Paria in Afrika, ähnlich wie Jugoslawien in Europa. Fühlen Sie sich in der Rolle Jugoslawiens?

Nein. Das System, das jetzt auf Kosovo angewandt werden soll, haben wir im Sudan bereits. Jeder Bundesstaat hat seine eigene Regierung, sein eigenes Parlament. Kein Nordsudanese regiert im Süden. Alle Provinzgouverneure und -minister im Süden kommen aus dem Süden. Der Vizepräsident des sudanesischen Parlaments ist Südsudanese, vier Minister der Zentralregierung sind aus dem Süden, mein Botschafter in Deutschland hier auch. Vergleichen Sie das mit Kosovo!

Wenn alles so gut ist, warum herrscht dann im Südsudan immer noch Krieg?

Sieben der acht Rebellenfraktionen des Südens sind inzwischen Teil der Regierung. Nur noch John Garang [Führer der Guerillabewegung SPLA, Sudan Peoples Liberation Army, die große Teile des Südsudan beherrscht; Anm. d.Red.] ist übrig. Er weigerte sich, das Khartum-Friedensabkommen von 1996 zu unterzeichnen, denn damals war es US-Politik, unsere Regierung zu stürzen. Die USA sammelten damals unsere Nachbarländer und überredeten Eritrea, Äthiopien, Uganda und die Demokratische Republik Kongo, ein Bündnis gegen Sudan zu schließen. Garangs Basen waren in Uganda, Äthiopien und Eritrea. Seine Agenda kann von der der Nachbarländer nicht getrennt werden. Er ist nicht frei, das Problem des Südsudan selber anzugehen. Er wurde zum Kampf gezwungen.

Das ist einige Jahre her. Hat sich seitdem nichts geändert?

Es hat mehrere wichtige Veränderungen gegeben. Äthiopien und Eritrea kämpfen gegeneinander, Uganda und Kongo kämpfen gegeneinander. Es gibt kein Bündnis der Nachbarländer mehr. Und während früher unsere Beziehungen zu allen Nachbarn schlecht waren, sind heute unsere Beziehungen zu Äthiopien normal, die zu Eritrea werden normal werden, die zu Kongo sind gut, und sogar mit Uganda sind wir jetzt am Verhandeln. Die US-Regierung hat gemerkt, daß ihre Politik in Afrika gescheitert ist. Sie muß ihre Politik gegenüber dem Sudan revidieren.

Ist das ein Wunsch, oder sehen Sie Anzeichen dafür?

Es gibt klare Anzeichen. Als US-Außenministerin Madeleine Albright 1997 die sudanesische Opposition in Uganda traf, sagte sie, die Politik der USA sei die Unterstützung der Opposition zum Sturz der Regierung. Vor drei Wochen sagte sie, man müsse mit dem Sudan einen politischen und humanitären Dialog beginnen. Es ist das erste Mal, daß sie so etwas gesagt hat, Vor drei bis vier Wochen hoben die USA die Sanktionen gegen uns im Bereich Lebensmittel und Medikamente auf – wir halten dies für einen positiven Schritt. Und sie haben die Konten der Besitzer der Al-Shifa-Fabrik freigegeben, die sie im August 1998 bombardierten. Die USA realisieren, daß sie schlecht informiert waren. Ich mache ihnen folgendes Angebot: Ihr müßt nicht schlecht informiert sein. Ihr könnt eure Botschaft in Khartum wiederhaben, ihr könnt den CIA in Khartum haben, damit ihr wißt, was los ist! Wir sind bereit, die bilateralen Beziehungen zu normalisieren.

Fühlt sich der Sudan also nicht mehr von außen bedroht?

Nein. Wir sehen unsere zukünftige regionale Rolle als die des Friedensstifters. Wir sind umgeben von neun Ländern – zehn, wenn man Saudi-Arabien jenseits des Roten Meeres dazuzählt. Wir haben eine wichtige geopolitische Position und immense Ressourcen. Wir brauchen Frieden im Sudan, und dann muß Sudan ein Element des Friedens in der Region sein, ein Unterstützer des Dialogs und des wirtschaftlichen Aufbaus.

Direkt neben dem Sudan tobt der Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea. Sind Sie dort schon in dieser Richtung aktiv?

Die Behandlung der eritreischen Frage wird unser nächster Schritt sein. Wir haben eine halbe Million eritreische Flüchtlinge im Sudan.

Interview: Dominic Johnson