Unabhängiger durch AKW?

■ Wirtschaftliche Gründe sprechen eindeutig gegen K 2/R 4

Köln (taz) – Die Bevölkerung der Ukraine möchte lieber ein neues Gaskraftwerk statt der Reaktorblöcke Khmelnitzky 2 und Rivne 4 (K 2/R 4). Nach einer Umfrage des Gallup-Instituts befürworten lediglich neun Prozent die Fertigstellung der Atomkraftwerke. Schließlich leiden die Ukrainer immer noch unter den Folgen der Tschernobyl-Katastrophe. Die Sicherheit der beiden neuen Reaktoren des sowjetischen Typs WWER 1000 zweifeln Experten ebenfalls an. Der ukrainische Präsident Leonid Kutschma hat aber ein schlagendes Argument, um Druck auf die Geberländer auszuüben: die Schließung vonTschernobyl, zu der er nur bei Finanzierung von Ersatzkapazitäten bereit ist.

Mit Gaskraftwerken mache sich die Ukraine von russischen Gaslieferungen abhängig. „Das Argument gilt nicht“, hielt dem gestern Peter Hlobil, Vertreter der regierungsunabhängigen Organisation CEE Bankwatch aus der Ukraine, auf einer Aktion in Bonn entgegen. „Für K 2/R 4 würden wir die Brennelemente auch aus Rußland bekommen.“ Die wirtschaftlich am Boden liegende Ukraine ist zudem stark von externen Krediten abhängig. Eine Entscheidung für das nur halb so teure Gaskraftwerk würde zumindest diese Abhängigkeit reduzieren.

Umstritten ist die Vergabe hoher Kredite auch, weil die ukrainische Industrie Stromrechnungen derzeit zu über 90 Prozent entweder gar nicht oder mit Waren bezahlt und damit eine Rückzahlung fraglich ist. Aufgrund der Wirtschaftskrise wird ohnehin nur noch die Hälfte des produzierten Stromes gebraucht. Künftige Überkapazitäten aus Atomkraft dürften in die Bundesrepublik exportiert werden. mra