Die „Kosovo-Force“ ist zum Einmarsch bereit

■ Die Provinz wird in Besatzungszonen aufgeteilt. Deutsche werden im Süden stationiert

Die Nato-Truppen sind bereit, sofort in das Kosovo einzurücken, wenn die politischen Entscheidungen gefallen sind und die jugoslawischen Truppen abzurücken beginnen. Schon 12 Stunden danach könnte die Operation beginnen. Von Makedonien und wahrscheinlich auch von Albanien aus werden die Nato-Truppen die Grenzen überschreiten. Schon jetzt sind die Pläne ausgearbeitet, wonach die Truppen der einzelnen Nato-Mitgliedsstaaten in festgelegte Regionen Kosovos einrücken werden. Nach einer groben Darstellung sollen die US-Truppen den Nord-Osten und die Hauptstadt Prishtina besetzen, die Briten den Süd-Osten, die Franzosen und Italiener den Nord-Westen und die Deutschen den Südwesten mit der Stadt Przren als Zentrum. Noch unklar ist die Stellung der russischen Truppen. In der Nato gibt es Widerstände, den Russen ein Territorium zuzuweisen.

Der Pressesprecher des deutschen Kontingents in Tetovo, Oberstleutnant Zimmermann, erklärt die Eile: „Es soll kein Vakuum entstehen.“ Das heißt: Den UÇK-Truppen soll keine Gelegenheit gegeben werden, in das von den Serben aufgegebene Territorium einzurücken. Das Friedensabkommen soll umgesetzt werden. Das bedeutet auch, daß die UÇK entwaffnet werden muß. „Dies wird jedoch auch über Verhandlungen zu erreichen sein,“ erklären die deutschen Militärsprecher.

Nach den vorliegenden Plänen werden zunächst Aufklärungseinheiten versuchen, die Straßen und Brücken zu sichern und Minen zu räumen. Hinter ihnen beziehen die Hauptkontingente Stellung. Sobald freie Fahrt gegeben wird, kann auch der Haupttroß in das Kosovo vorstoßen. Das deutsche Kontingent wird voraussichtlich von Tetovo aus über die Straße nach Jezhince einrücken, während die anderen Nato-Truppen vornehmlich über die Straße Skopje –Prishtina in das Kosovo gelangen. Überlegungen, Nato-Truppen auch von Albanien aus oder über albanisches Territorium zu entsenden, werden von den Planern nicht ausgeschlossen. „Dafür steht jedoch noch die Einwilligung der albanischen Regierung aus“, erklären Nato-Sprecher.

Würde dieses Route gewählt, könnten deutsche, italienische und französische Truppen von dem albanischen Grenzübergang Morina aus direkt nach Przren vorstoßen, von dort aus nach Djakova und Peje. Informationen, wonach auch Truppen aus dem Norden, von Bosnien aus kommend, über Montenegro ins Kosovo einrücken könnten, wurden nicht bestätigt. Es gibt aber Überlegungen, den russischen und anderen SFOR-Truppen in Bosnien-Herzegowina eine solche Route zu öffnen.

Die im Kosovo stationierte Truppe wird den Namen K-For tragen, „Kosovo-Force“. „Jeder Tag, der vergeht, wird die Rückkehr der Vertriebenen verzögern“, heißt es im Hauptquartier der Nato in Skopje. Die Truppe ist angehalten, sofort nach dem Eintreffen in den Stationierungsorten mit dem Aufbau der Infrastruktur zu beginnen. So werden zuerst Minen geräumt, die Wasserversorgung in Gang gebracht, die Lebensmittelversorgung gesichert. Die internationalen Hilfsorganisationen stehen bereit, sofort nach dem Abschluß der Operation Hilfsgüter in das Kosovo zu transportieren. Voraussichtlich 500.000 Albaner leben noch im Kosovo, die meisten von ihnen campieren als Vertriebene in den Wäldern, viele leiden unter Hunger und dem Mangel an medizinischer Versorgung.

„Das größte Problem werden wohl die Minen sein“, erklärte der Bundeswehr-Sprecher Dietmar Jeserich. „Wir wissen nicht, ob nicht noch jetzt neue Minen gelegt werden, ob es beim Abzug der serbischen Truppen zu Kämpfen mit der UÇK kommt.“ Man müsse auch mit Heckenschützen rechnen. Andere Nato-Sprecher gehen davon aus, daß Freischärler-Gruppen den Abzugsbefehl mißachten könnten. Serbische Zivilisten und Angehörige der Minderheiten der Roma und der serbischen Muslime sollen nach dem Willen der Nato im Lande bleiben. Nach Informationen aus dem Kosovo haben jedoch vornehmlich serbische Zivilisten das Land bereits verlassen. In Prishtina ist es zu einer neuen Welle von Plünderungen gekommen. Bisher noch nicht gestohlene Autos werden requiriert, offenbar um die Flucht aus dem Kosovo vorzubereiten.

Im makedonischen Tetovo herrscht Aufbruchstimmung. Viele Vertriebene wollen sofort nach Hause zurückkehren. Sie hoffen, daß ein Teil ihres Eigentums noch gesichert werden kann. Eine unkontrollierte Rückkehrbewegung macht jedoch auch der Nato sorgen. Man rechnet mit 30.000 Menschen, die sofort zurückkehren wollen. Die Straßen müssen jedoch für den Nachschub der Nato-Truppen frei bleiben. „Es wird schwer sein, die Menschen zu überzeugen, noch einige Tage zu warten“, erklären Offiziere im Nato-Hauptquartier. Erich Rathfelder, Tetovo