Soldaten sind Schwule    ■ Von Carola Rönneburg

Kriegsminister Scharping ist ungerecht. Das zeigte sich schon vor mehreren Wochen, als er Kernkraftminister Jürgen Trittin erklärte, weshalb er es für richtig hält, einen schwulen Ausbilder der Bundeswehr von seinen bisherigen Pflichten zu entbinden und innerhalb des Betriebes in eine sogenannte Schreibstube, mutmaßlich also in ein Büro, zu versetzen.

Trittin setzte sich zwar daraufhin Grünen-pflichtgemäß für den Oberstleutnant ein und erinnerte Scharping an das gemeinsame Koalitionsziel, „Minderheiten zu schützen und ihre Gleichberechtigung und gesellschaftliche Teilhabe zu erreichen“. Scharping konterte jedoch, die „im dienstlichen Umfeld bekanntgewordene Homosexualität“ könne die „Autorität des Oberleutnants erschüttern und die Einsatzbereitschaft der Truppe einschränken“.

Nachdem nun dieser Briefwechsel bekannt wurde, meldete sich auch der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland zu Wort und bemängelte das schlechte Verständnis von Demokratie und Toleranz in der Bundeswehr. „Unverständlich“ nannte es LSVD-Sprecher Manfred Bruns, „daß am Ende des 20. Jahrhunderts Menschen in der Bundeswehr noch immer wegen ihrer Homosexualität mit Berufsverbot belegt werden.“

Warum aber so brav, Lesben- und Schwulenverband in Deutschland? Warum so ein verhaltener Ton, warum bloß dieser dezente Hinweis auf das 20. Jahrhundert? Sicher, wenn heutzutage jeder in dieser Gesellschaft Generalsekretär oder Nachrichtensprecher werden kann, unabhängig von seinen sexuellen Präferenzen, dann sollte die Bundeswehr nicht der letzte Bereich sein, in dem Homosexuelle keine Karriere machen dürfen. Aber man kann das alles doch weniger zahm formulieren. Hier sollte mit der Faust auf den Tisch gehauen werden, Forderungen müssen her: Ebenso wie der Heterosexuelle hat der Homosexuelle Anspruch auf einen eigenen Spind! Er muß in Erfahrung bringen können, wie man ein Hemd auf eine genau vorgegebene Quadratzentimeterzahl faltet, ein Maschinengewehr reinigt und den Helm tarnt! Er ist außerdem genauso berechtigt, möglichst weit von seinem Heimatort kaserniert zu werden und nicht nur während der Grundausbildung durch Schlamm und über Geröll zu robben oder in Panzern zu schlafen! Disziplin wahren, bedingungslos gehorchen, Befehle ausführen – das fällt unter die Gleichberechtigung! Das Recht, töten zu lernen, ist ein Grundrecht!

Auch muß der Homosexuelle Gelegenheit erhalten, sich im Bundeswehrbetrieb weiterzuqualifizieren. Ein hierarchisches System, das Befehlsgeber und Befehlsempfänger benötigt, darf ihn nicht ausschließen. Die Gleichmacherei zu befördern, das Individuum mit seinen Eigenheiten nichts gelten zu lassen, das muß auch Sache der Schwulen sein. In einer Demokratie am Ende des 20. Jahrhunderts schurigelt der schwule Vorgesetzte seine Rekruten so selbstverständlich wie der Hetero-Chef. Toleranz ist das Recht auf Herumbrüllen! Und dann natürlich noch: Lesben in die Bundeswehr!

Auf, auf, Manfred Bruns: So muß die Antwort aussehen. Und ein T-Shirt zur Unterstützung dieser Kampagne kann man auch noch drucken lassen: „Soldaten sind schwule Mörder.“