Wärme ohne Sonne

Eine Einzelangelegenheit: Nicolai von Schweder-Schreiner und sein Ensemble Veranda Music  ■ Von Oliver Rohlf

Eigentlich seien Veranda Music gar keine Band. Jedenfalls keine in dem Sinne, daß sich da ein paar Freunde zusammengerauft hätten, um an ihrer gemeinsam verbrachten Jugend herumzujammen. Veranda Music, heißt es sonor, „das bin ich“. Nico-lai von Schweder-Schreiner, seines Zeichens Macher und Erfinder dieses ungemein warmherzig klingenden Songwriter-Ensembles aus Hamburgs Westen, ist's, der mit nur einem Satz gleich ein ganzes Trio zur Einzelangelegenheit erklärt.

Daß sich Veranda Music auf ihrem Debütalbum Here's To Them All, erschienen beim örtlichen iXiXeS-Label, trotzdem als Trias mit einer Ansammlung sonderbarer Analoginstrumente präsentieren, weist auf den Zukunftscharakter von Historie innerhalb dieser Formation hin. Eine Menge der Songs haben viele Jahre auf dem Buckel, Lieder, die von Schweder-Schreiner im Alleingang geschrieben, produziert und dann und wann auch aufgenommen hat. Auf einer 4-Spur-Maschine, so ganz für sich allein. Bassist Lars Precht und Schlagzeuger Christoph Kähler hatten somit „gar keine rechte Möglichkeit, Teil der Geschichte dieser Songs zu werden. Ich wußte genau, wie welche Stelle zu klingen hat und warum was nicht paßt.“

Und wahrscheinlich wollten die beiden Mitmusiker dies auch gar nicht, wie von Schweder-Schreiner vermutet. Das Info zum Album spricht dabei von „konkreter Hierarchie“, meint neben der strukturellen Dimension auch den Respekt der einzelnen Songs auf ihre eigene Magie und Momenthaftigkeit. Viele Parts klingen, als sollten sie in dieser Form etwas Unwiederbringliches dokumentieren. „Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, ob wir einige Sachen jemals so wieder hinbekommen werden. Die mußten in dem Moment einfach so gespielt werden, und das war's.“

Daß manche Reviews sich ein Image der unentwegten Entspanntheit zurechtträumen, mag auch an dem rauchenden von Schweder-Schreiner auf dem Cover, den sparsamen Conga-Einlagen oder der vereinfachten Gaugin-Adaption neben der Songliste liegen. Den Bandchef ficht das nicht an, denn er weiß, daß diese Veranda Music keine Sommer-Kombo ist und verweist ganz kurz auf die Texte, die ein Nebeneinander von Himmelreich und Hades, Wärme und Kälte in sich tragen. Dies tut er allerdings nur, um deren Gewicht schnell wieder zu revidieren, denn die im Anhang ausgewiesenen Sir Arthur Canon Doyle oder T.S. Eliot dienen eher einem unscharfen Verweis als der Inspiration.

Wer Veranda Music im vergangenen Winter in der Schilleroper hat spielen hören, glaubte für kurze Zeit, daß Wärme nicht vom Sonnenlicht kommen muß und raunte leicht betäubt Namen soundsoverwandter Größen wie Tom Waits, Joni Mitchell, aber auch Steely Dan oder Dire Straits. Natürlich machte auch das Schlagwort Jazz die Runde durch die verrauchte Clubluft. Und das lag nicht nur daran, daß ein Satz Blechbläser mit von der Partie war, sondern weil das ganze Schweder-Schreiners Idealvorstellung von einem Baß-Schlagzeug-Zusammenspiel nahekam, bei dem beide Instrumente zugleich energisch, aber auch luftig gehandhabt werden sollen. Ein Zustand, den der Musiker künftig nicht mehr im Alleingang, sondern als Bandprozeß ansteuert.

Denn die eigentliche Zukunft von Veranda Music mit Nicolai von Schweder-Schreiner, Lars Precht und Christoph Kähler in den Hauptrollen hat erst jetzt begonnen, nach dem ersten gemeinsam eingespielten Album. Was dabei rauskommen wird, wisse er auch nicht. In der ihm eigenen Bescheidenheit fügt er aber dann hinzu: „Wahrscheinlich wird es sehr gut.“

Am 17. Juni um 21 Uhr stellen Veranda Music ihr neues Album im Westwerk vor.