Teurer Aufstiegskampf

Am Sonntag hat der Fußballklub Tennis Borussia die letzte Chance in diesem Jahr, in die erste Bundesliga aufzusteigen  ■   Von Jürgen Schulz

„Wir können alles gewinnen“, macht Manager Jan Schindelmeiser seinen Tennis Borussen Mut vor dem richtungweisenden Sonntagsspiel gegen den SSV Ulm. „Ein Sieg muß her, alles andere zählt nicht“, weiß auch TeBe-Coach Winfried Schäfer, denn sonst wären wohl die Gäste aus Schwaben der dritte und somit letzte Aufsteiger in die Fußball-Bundesliga nach Bielefeld und München-Unterhaching. Und die mit vielen Vorschußlorbeeren und noch mehr Geld in die Saison gestarteten Berliner hätten das Nachsehen und müßten kommende Saison einen neuen, teuren Anlauf ins Oberhaus wagen.

Als ob sie ihrer aktuellen Mannschaft nicht viel zutrauen würden, haben sich die TeBe-Macher bereits auf die Suche nach Verstärkungen begeben. Sinnigerweise eine Klase höher, in der 1. Liga, wohin es die ehrgeizigen „Veilchen“ mit aller Macht zieht. Aus Nürnberg wurden Torhüter Hilfiker sowie Stürmer-Star Ciric verpflichtet, den auch Hertha BSC unbedingt einkaufen wollte. Von 1860 München kommt Spielmacher Ouakili. Kirjakow (Hamburg) sowie Rösler (Kaiserslautern) heißen die weiteren Promis, die sich ihren möglichen sportlichen Abstieg finanziell versüßen lassen. Bis auf den Schweizer Hilfiker kassiert jeder Akteur – egal, in welcher Liga TeBe nächstes Jahr spielt – eine Jahresgage jenseits der Million-Mark-Grenze. Zudem mußten die Borussen vier der fünf Spieler aus Arbeitsverträgen herauskaufen – für stattliche acht Millionen Mark Ablösesumme.

„Wir sind nicht in einen Kaufrausch verfallen“, dementiert Schindelmeiser, gibt jedoch zu, daß damit die Shoppingtour auf dem Arbeitsmarkt für Berufsfußballer noch längst nicht abgeschlossen ist. Ganz oben auf der Einkaufsliste stehen noch Bundesliga-Profi Brinkmann (Frankfurt) sowie der Österreicher Weißenberger (Linz), die ebenso noch für zwei und ein Jahr an ihren erstklassigen Arbeitgeber gebunden sind. Auch in diesen Fällen müßte TeBe reichlich Bares auf den Tisch blättern, um die beiden Offensivkräfte loszueisen. Doch der TeBe-Sponsor Göttinger Gruppe, ein potenter Versicherungskonzern aus Niedersachsen, scheint sein Füllhorn über Charlottenburg auszuschütten.

Da die Konkurrenz eine Gelddruckmaschine auf der TeBe-Geschäftsstelle im Mommsenstadion vermutet, werden die pekuniären Forderungen in immer schwindelerregendere Höhen getrieben. So soll Linz 2,5 Millionen Mark für seinen diesseits der Alpen bislang unbekannten Linksaußen verlangen. Allmählich wird es selbst Schindelmeiser zu bunt, der Manager spricht von „nicht mehr marktgerechten Preisen“, die anstehende Transfers gefährdeten.

Die Tennis Borussen, die am Sonntag gegen Ulm das Aufstiegseisen noch aus dem Feuer reißen sollen, reagieren einigermaßen geschockt auf die Aktivitäten ihres Vereins. „Was soll ich dazu sagen?“ meint einer, der aus Angst um seinen Job lieber anonym bleiben will. „Das liegt doch auf der Hand, daß Schäfer eine neue Mannschaft aufbaut.“ Der Trainer macht auch keinen Hehl daraus, daß er auf die meisten seiner Schützlinge keinen Wert mehr legt. „Ich will mit 18 Stammspielern sowie vier Nachwuchsleuten arbeiten“, kündigt Schäfer an. Zuzüglich der bis dato fünf Neuen umfaßt der virtuelle Kader für die nächste Spielzeit aber bereits 35 Mann, womit – nach des Trainers Kalkül – schon 13 Kicker überflüssig wären. „Klar machen wir einen radikalen Schnitt“, kündigt der TeBe-Coach an. „Blaue Briefe“ an nicht mehr benötigte Spieler werde es jedoch nicht geben, versichert der Manager des noblen Klubs, aber wer mangels Perspektive um seine Freigabe bitte, so Schindelmeiser unverblümt, stoße im Vorstand auf offene Ohren.

Leider machten vor dem „Endspiel“ am Sonntag ausgerechnet drei Berliner Stammkräfte von diesem Angebot Gebrauch, indem sie ganz offen Abwanderungsgedanken äußerten: Torhüter Curko, der die Konkurrenz des Nürnbergers Hilfiker fürchtet, sowie Spielmacher Copado, der schon mit Frankfurt verhandelte. Und Torjäger Kovacec ist sich mit Rostock bereits handelseinig. Keine idealen Voraussetzungen für die Partie gegen Ulm, auch wenn Trainer Schäfer das Rumoren in seiner Herde professionell herunterspielt. „Das sind Profis, die müssen damit leben.“