Bis ans Limit gegangen

■ Heute streiten die Branchenführerinnen Frankfurt und Duisburg um den DFB-Pokal

Berlin (taz) – Über diesen Zeitplan würde selbst ein wohlbezahlter Fußballprofi klagen. Erst diverse Trainingslager, dann heute DFB-Pokalfinale im Berliner Olympiastadion, kurze Feier, Flug nach Frankfurt in aller Frühe und noch am gleichen Nachmittag weiter nach Los Angeles, dem deutschen Startpunkt bei der 3. Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen. Für einen Abstecher nach Hause ist keine Zeit.

„Die Tasche mit der Privatkleidung bis Mitte Juli ist längst gepackt und zum DFB geschickt“, berichtet Claudia Müller, die ihre Fußballkarriere beim 1. FFC Frankfurt unter halbprofessionellen Bedingungen absolviert. Die 25jährige Stürmerin ist eine von 13 Nationalspielerinnen des 20er-WM-Kaders, die zuvor noch um Pokalehren kämpfen. Der 1. FFC Frankfurt ist frischgebackener deutscher Meister und bestreitet sein Pokalendspieldebüt gegen den Vizemeister und Cupverteidiger FCR Duisburg (16 Uhr, ARD).

Claudia Müller ist außergewöhnliche Reiseaktivitäten schon aus dem Bundesligalltag gewöhnt. Sie lebt und arbeitet in Hannover, trainiert und spielt aber am Main. Als am vergangenen Sonntag der vorletzte von sechs DFB-Lehrgängen seit Anfang Mai zu Ende ging, hatte sie nicht etwa frei. Am Montag, Dienstag und Mittwoch ging sie ihrer Arbeit in einer hannoverschen Versicherungszentrale nach, am Donnerstag fuhr sie mit dem Verein nach Berlin. Die nicht pokalfinalen Reste des Nationalteams reisten bereits am Mittwoch zu ihrem WM-Abschlußlehrgang ins niedersächsische Barsinghausen.

„Wir sind mit unserer WM-Vorbereitung bis ans Limit des Möglichen gegangen“, sagt DFB-Cheftrainerin Tina Theune-Meyer. Sie zieht eine positive Bilanz, freut sich über die bei den letzten Testspielen gegen Frankreich (4:1) und die Niederlande (2:0) gezeigte Spielfreude ihres Teams und rechnet sich bei der WM einiges mehr aus als nur die Olympia-Qualifikation, für die der Einzug ins Viertelfinale genügt. Die Vorbereitung des Europa- und Vizeweltmeisters zählt zu den intensivsten aller 16 WM-Teams. Nur das Pokalfinale findet Theune-Meyer in diesem Jahr ein wenig deplaziert. Kein Wunder: Welcher Verein steckt in einem solchen Spiel schon zurück, welche Nationalspielerin schont sich da für die WM?

Das diesjährige Frauen-Endspiel ist sportlich so reizvoll wie selten zuvor. Der Vizemeister will seinen Pokal verteidigen, der Konkurrent aus Frankfurt will alles: das Triple. Nach dem Gewinn des Hallentitels und der Meisterschaft soll nun auch der DFB-Pokal in die neue Vitrine des Vereins, der erst seit Jahresbeginn existiert – quasi als verselbständigter Nachfolger der SG Praunheim aus der Frankfurter Nordweststadt.

In der Bundesliga lieferten sich beide Teams ein dauerhaftes Fernduell mit über 20 Punkten Vorsprung vor der Konkurrenz und einem Plus von drei Zählern für den 1. FFC am Ende. Sieben Frankfurter WM-Spielerinnen stehen heute sechs Duisburger WM-Spielerinnen gegenüber; Birgit Prinz, Claudia Müller (beide je 20 Saisontore) sowie Monika Meyer (18) gegen Bundesliga-Torschützenkönigin Inka Grings (25) und Maren Meinert. Daß die Frankfurterinnen als leichter Favorit gelten, ist dem Duisburger Lager nicht ganz unrecht. Dort vertraut man darauf, daß der FCR als einziges Team eine positive Bilanz gegen den Meister hat: 2:0 daheim und 2:2 in Frankfurt lauteten die Resultate der abgelaufenen Saison.

Rainer Hennies