Strombörse kommt nach Frankfurt

■  Die Deutsche Börse AG setzt sich gegen ihre Konkurenten aus Leipzig, Düsseldorf und Hannover durch – in einem Jahr soll dort ein Fünftel der Stromproduktion gehandelt werden

Berlin/Bonn (taz/dpa) – Der Wettbewerb um den Standort der deutschen Strombörse ist entschieden: Am späten Donnerstag erhielt die Deutsche Börse AG in Frankfurt am Main den Zuschlag für ihr Konzept zur Errichtung der German Energy Exchange (GEX). Die Auswahl traf eine vom Bundeswirtschaftsministerium eingesetzte Projektgruppe „Deutsche Strom- und Energiebörse“ die aus Vertretern der Strombranche besetzt ist. Der Koodinator der Projektgruppe, Eberhard Meller, erklärte, daß die neue Strombörse innerhalb eines Jahres die Arbeit aufnehmen solle. Diese Eile sei nötig, sagte Meller, wenn Frankfurt eine führende Rolle in Europa einnehmen wolle. Dies ist erklärtes Ziel aller Beteiligten und Grund für die konzertierte Aktion des Bundeswirtschaftsministeriums, daß in der Projektgruppe Vertreter der großen Verbände der Energiewirtschaft, der Stromkonzerne und Großkunden zusammengebracht hatte.

Frankfurt bekam den Vorzug vor den drei Mitbewerbern Düsseldorf, Hannover und Leipzig vor. Besonders Leipzig fühlt sich falsch eingeschätzt: Leipzig habe sicherlich das umfassendere Konzept gehabt, erklärte der Sprecher des sächsischen Wirtschaftsministeriums. Deshalb will Leipzig ungeachtet der fehlenden Unterstützung eine eigene Strombörse aufbauen. „Ich gehe davon aus, daß die Partner der Leipziger Strombörse am Terminplan festhalten“, erklärte Landeswirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU). Man werde bereits Anfang nächsten Jahres fertig sein. Zwar wurde von der Projektgruppe immer wieder betont, es ginge mehr ums Konzept als um den Standort, so ist doch auch offenbar, daß Frankfurt als Sitz der wichtigsten deutschen Aktienbörse ein gutes Image mitbringt, das nicht wenig entscheidend ist, wenn man einen europäischen Führungsanspruch hat. Außerdem konnte die anbietende Deutsche Börse AG in Frankfurt potente Partner für die Strombörse gewinnen: die amerikanische Terminbörse New York Mercantile Exchange (Nymex) und die europäische Eurex, ein Zusammenschluß der Schweizer und deutschen Terminbörse. Eurex ist die größte Terminbörse der Welt.

An der Strombörse sollen kurzfristig verfügbare Strommengen gehandelt und längerfristige Liefer- und Preisvereinbarungen durch sogenannte Termingeschäfte abgesichert werden. Oft ist es selbst für einen Energieversorger günstiger, zusätzlich von seinen Kunden nachgefragten Strom an der Börse einzukaufen, als extra selbst ein neues Kraftwerk hochzufahren.

Nach Schätzungen wird etwa ein Fünftel der deutschen Stromproduktion an der Börse gehandelt werden. Ähnliche Einrichtungen gibt es bereits in Skandinavien, den Vereinigten Staaten oder Großbritannien. Die Standortempfehlung der Projektgruppe ist nicht bindend. Nach Ansicht von Branchenexperten kommt sie aber einer Entscheidung gleich, weil auf Dauer nur eine Strombörse in Deutschland überleben könne. urb