Kein Konsens für Altfallregelung

Die Innenministerkonferenz hatte eine umfangreiche Liste abzuarbeiten. Es ging um Handys in Autos, Kampfhunde, das Waffengesetz und um Abschiebung  ■   Von Nick Reimer

Dresden (taz) – Mit Bach begann gestern an der Elbe der zweite Tag der Innenministerkonferenz. Um auf ihre drohende Abschiebung aufmerksam zu machen, spielte die neunjährige Vietnamesin Tra My Dang „Sechs kleinen Präludien“ – allerdings ohne Resonanz. Die Ministerriege hörte nichts von Bach. Der Zeitdruck, hieß es, lasse derlei Konzertgenuß nicht zu.

In der Tat hatten die Innenressortchefs der Länder auf ihrer zweitägigen Sitzung eine umfangreiche Liste abzuarbeiten. Neben dem zentralen Thema Kosovo (siehe Seite 5) wollten die Minister von Bundesinnenminister Otto Schily vor allem wissen, wie lange sie noch darauf warten sollen, widerstandsbereite Asylbewerber wieder abschieben zu dürfen. Claus Henning Schapper, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, warb um Verständnis: Solange man nicht ausschließen könne, daß sich ein Todesfall wie der des abgeschobenen Sudanesen wiederhole, so lange müßten die Landeschefs sich noch in Geduld üben. Er sagte aber zu, „schon in wenigen Tagen“ die Prüfung der Umstände, die zum Tod von Aamir Ageeb geführt haben, abzuschließen. Danach könnten die Innenminister wieder auf die Hilfe des BGS bauen. „Diese Hoffnung war Voraussetzung für unsere Zufriedenheit“, erklärte Bayerns Innenminister Beckstein.

Beschlossen wurde von der Konferenz, die Polizei künftig mit einer neuen Munition (sogenannten Deformationsgeschossen) und mit Reizstoffsprühgeräten Marke „Pfeffer-Spray“ auszurüsten. Die neuen Geschosse sollen die gefährliche Vollmantelmunition ersetzen, die derzeit noch in Gebrauch ist. Zwar gebe es schon heute eine Weichmantelmunition, diese eigne sich aber nur für Spezialeinheiten und Sondereinsatzkommandos der Polizei. Beckstein sagte, die Industrie habe sich bereit erklärt, innerhalb eines Jahres die „action II“ genannte Munition zu entwickeln. Zur Einführung im nächsten Jahr sei dann nur die Weisung der Ressortchefs der Länder notwendig.

Die Innenminister wollen Handy-Telefonieren beim Autofahren verbieten. Auch mit zu Kampfmaschinen abgerichteten Hunden beschäftigten sie sich. Die Konferenz will ein Konzept erarbeiten, um Handel, Zucht und Einfuhr von Kampfhunden verbieten und die Kastration der vorhandenen Tiere rechtlich umsetzen zu können. Zudem drängte die Konferenz darauf, endlich ein neues Waffengesetz zu novellieren. Seit 1994 würde daran gearbeitet, sagte Sachsens Ressortchef Hardrath und wiederholte noch einmal seine Forderungen: kleiner Waffenschein für Gas- und Schreckschußpistolen, Regelüberprüfung von Waffenscheinbesitzern nicht mehr nur alle fünf, sondern alle drei Jahre; Schmetterlingsmesser und ähnliches sollen als Waffen definiert werden und einer Registrierungspflicht unterliegen.

Nicht einigen konnten sich die Innenminister dagegen auf eine sogenannte Altfallregelung für schon lange in Deutschland lebende Flüchtlinge. Marieluise Beck, Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, kritisierte dies in Bonn. Flüchtlingen, die seit Jahren im Lande lebten und aus faktischen wie rechtlichen Gründen nicht abgeschoben werden könnten, müsse ein angemessener Aufenthaltsstatus erteilt werden, sagte Beck.