Grünes Licht für Sellafield-Ausbau

■ London genehmigt vor Ende der Einspruchsfrist Tests für die Wiederaufbereitung von MOX-Brennelementen. Staat hofft auf Milliarden aus Verkauf seiner Anteile an Atomfabrik

Dublin (taz) – Die britische Regierung hat am Wochenende grünes Licht für die umstrittene Mischoxid-Wiederaufarbeitungsanlage in Sellafield gegeben. Obwohl die Einspruchsfrist erst am 23. Juli endet, darf die Sellafield-Betreiberin British Nuclear Fuels (BNFL) ab sofort erste Tests durchführen.

Mischoxid-(MOX)-Brennelemente werden aus wiederaufarbeitetem Plutonium und Uranoxid hergestellt, beim Verbrauch fällt jedoch weiteres atomwaffentaugliches Plutonium an. Umweltschützer kritisieren, die Endlagerung sei sicherer und wirtschaftlicher als der Plutonium-Teufelskreis. Die Londoner Regierung hat freilich Hintergedanken bei dem 300 Millionen Pfund teuren MOX-Projekt. Sie will demnächst 49 Prozent der BNFL-Aktien zum Verkauf anbieten und hofft, eine Milliarde Pfund einzunehmen.

Bevor die endgültige MOX-Baugenehmigung erteilt wird, muß BNFL die Rentabilität der Anlage nachweisen. Ein Sprecher des Unternehmens sagte: „Wir sind besorgt über weitere Verzögerungen bei der MOX-Anlage und über möglichen wirtschaftlichen Schaden, wenn wir vertrauliche Wirtschaftsdaten weitergeben.“

Mit vertraulichen Daten hat BNFL schlechte Erfahrungen gemacht. Vor kurzem sind der Umweltschutzorganisation Friends of the Earth BNFL-Papiere zugespielt worden, in denen es um die im vorigen Jahr geplante Übernahme der US-Atom-Firma Westinghouse geht. BNFL-Manager Ian Porter schrieb damals, daß man die Papiere fälschen müsse, falls man sie dem US-Energieministerium vorlegen müsse: BNFLs Name dürfe in den Dokumenten keinesfalls auftauchen. Das Unternehmen wollte nämlich gleich zwei Regierungen hinters Licht führen: Da die Wiederaufarbeitung in den USA wegen des Plutoniums verboten ist, wollte BNFL der US-Regierung weismachen, die verbrauchten Brennelemente würden in Sellafield gelagert, bis die Atommülldeponie in Nevada fertiggestellt ist. Das hätte jedoch gegen britische Gesetze verstoßen, wonach der Import zur Lagerung verboten ist. Deshalb wollte BNFL der Regierung in London erklären, daß die US-Brennelemente später wiederaufgearbeitet werden sollten. Ralf Sotscheck