Nachgehakt
: In der Mitte wachsen

■ Kammern diskutieren Hafenreviere neu

Der Senat hatte nur die Handelskammer „zur Mitwirkung“ an den Planungen für die Alten Hafenreviere aufgefordert, nun haben sich neben der Architektenkammer auch die Arbeiter- und die Angestelltenkammer eingemischt. Die beiden Kammern sind dabei überzeugt, „daß citynahe und zukunftsorientierte Arbeitsplätze, attraktives Wohnen und städtische Lebensqualitäten der Schlüssel für die möglichst hochwertige Erschließung der Entwick-lungspotentiale in den Alten Hafenrevieren sind.“ Ihre gestrige Tagung, die bezeichnenderweise den Namen „Wasserstadt Bremen 21“ trug, haben die Kammern bewußt auf die Zeit kurz nach der Wahl gelegt, um auf die Programmatik des neuen Senats vielleicht noch Einfluß zu nehmen.

Bislang plant der Senat nur Stadtentwicklung an den Rändern, die in ihrer Masse gegen die Innenentwicklung an der Weser entlang konkurrieren würde. Die „Vorentscheidung“ des alten Senats, den Großmarkt mitten in das Hafengebiet zu verlagern, halten die Kammern nämlich für „mißglückt“; der neue Senat, so die Forderung, sollte die zunächst über ein Gesamtkonzept entscheiden. Dasselbe gilt im Grunde für den Verkauf einer kilometerlangen Kaje an die Firma Dittmeyer, „ein Coup“, findet Thomas Frey von der Arbeiterkammer. Der sei aber wohl nicht mehr zu revidieren, stellen die Kammer-Experten fest. Die Stadtplanung für diese Flächen dürfe nicht von einem schlichten Gegensatz „Gewerbe versus wohnen“ ausgehen, das sei ein Popanz. Vertreter der Berliner Stadtplaner von der Firma „Wasserstadt“ und auch Bremer Immobilien-Kaufleute haben auf der Tagung die beiden Kammern in ihrem Vorstoß unterstützt. Am dezidiertesten formulierte das Ulla Luther, (noch) Staatsrätin im Bremer Stadtentwicklungs-Ressort, aber auch nach eigener Einschätzung eher Außenseiterin in der Hafen-Debatte: Solche Stadtentwicklungs-Perspektiven dürfe man nicht Investoren überlassen, formulierte sie, es gehe um „eine Jahrhundertchance für Bremen“. Auch Joachim Linnemann, Geschäftsführer der Firma Grosse-Immobilien, sieht in den alten Hafenrevieren die Flächen für „100 Jahre Stadtentwicklung“, da müsse gut geplant werden, auf zwei, drei Jahre komme es nicht an. Ulrich Hellweg, der für den Gewoba-Geschäftsführer gekommen war, bemerkte, Bremen habe sich bisher „den Luxus geleistet“, die wertvollen alten Wasser-Grundstücke quasi „auf Zuruf“ zu verkaufen. Der Standort sei aber „so robust“, daß er auch einen Großmarkt in der Mitte aushalte. In der Hamburger Hafen-City sei auch in der Mitte eine alte Kaffee-Rösterei, die dort noch mindestens 15 Jahre existieren werde. Der Immobilien-Kaufmann Henrik Hahm kritisierte vor allem die Idee, den Großmarkt für 100 Millionen Mark in das Hafengebiet zu verlagern: Nur noch 20 Prozent der Händler kauften dort, die Tendenz gehe eindeutig zur Bestellung über elektronische Informationsmedien.

K.W.