Grüne und Anwohner gegen Flohmarkt

■  Nachbarn des Schöneberger Rathauses empfinden den Flohmarkt als Drangsal. Sie monieren Lärm, fehlende Parkplätze, Verunreinigung der Hauseingänge: Eine Initiative sammelte jetzt 600 Protestunterschriften

Der Flohmarkt am Schöneberger Rathaus läuft Gefahr, abermals seine Sachen packen und den Ort wechseln zu müssen. Erst Anfang April sind die Trödler vom Fehrbelliner Platz in Wilmersdorf auf den John-F.-Kennedy-Platz umgezogen. Doch nun macht eine Anwohnerinitiative mobil, und selbst die grüne Fraktion des Bezirks steht dem bunten Treiben ablehnend gegenüber.

Als er noch auf dem Fehrbelliner Platz residierte, zählte der Markt zu den gut besuchten Wochenendattraktionen des Bezirks. Neben seinen treuen Besuchern hat der Flohmarkt schnell neue Käufer in Schöneberg gewonnen. Auch Touristen zwängen sich gern zwischen die knapp 270 Stände und Tische.

Bloß einige Anwohner rund um das Rathaus sind stinksauer. „Ich hab hier mal schön gewohnt“, empört sich ein älterer Mann, der hinter dem Rathaus auf der Innsbrukker Straße wohnt. „Ich bin total gegen den Flohmarkt. Ich habe schon mit der Bürgermeisterin gesprochen. Wir sind nicht die einzigen.“

Schon am Anfang der vom CDU-Baustadtrat Gerhard Lawrentz eingeräumten dreimonatigen Probephase riefen einige Anwohner bei den Grünen an. Sie beschwerten sich über den Lärm, die Abgase und die neuerdings zu wenigen Parkplätze. Die Flohmarktbesucher nähmen ihnen die Stellplätze weg, heißt es. Außerdem würden die Toiletten nicht ausreichen, und die Flohmarkthändler und -besucher würden ersatzweise die Büsche und Hauseingänge aufsuchen. „Massen von Leuten schrieben uns Briefe“, sagt Martina Rade, Geschäftsführerin der Grünen, kann schließlich aber nur 50 Protestschreiben belegen. Der Wochenmarkt, der dienstags und freitags vor dem Rathaus stattfindet, ist nach Rade mit dem Trödelmarkt nicht zu vergleichen. „Das sind die Schöneberger, die dort einkaufen gehen. Es ist eine ganz andere Klientel.“ Etwa 600 Unterschriften hat die Anwohnerinitiative gegen den Flohmarkt inzwischen nach eigenen Angaben gesammelt. Diese Unterschriften haben die Grünen mittlerweile der Bezirksverordnetenversammlung vorgelegt.

„Wir wurden nie richtig gefragt, bevor der Flohmarkt verlegt wurde. Die CDU hat uns über den Tisch gezogen“, beschwert sich die Grüne Rade. Ihre Fraktion hat einen Antrag eingereicht, daß der Flohmarkt weg muß.

Doch die Händler und die Flohmarktliebhaber wollen nicht so schnell klein beigeben: Sie haben eine Gegeninitiative gestartet. Bereits 3.000 Unterschriften konnten sie am vergangenen Donnerstag im Rathaus Schöneberg vorlegen. Knapp 500 sollen laut Marktleiter Olaf Wiesner am vergangenen Wochenende dazugekommen sein. Zudem sprachen sich 120 Gewerbetreibende rund um den John-F.-Kennedy Platz, die sich mehr Umsatz versprechen, für den Trödelmarkt aus.

Den gutsituierten Anwohnern des Schöneberger Beamtenmilieus wird die ungewohnte Parteinahme der Grünen vermutlich nicht viel nützen. Weil die SPD in Sachen Flohmarkt ausnahmsweise mit der CDU zusammenarbeitet und für morgen einen gemeinsamen Antrag zur Abstimmung stellt, dürften die Grünen den kürzeren ziehen. Das wiederum will die Protestinitiative nicht auf sich sitzen lassen: Man bereitet bereits eine Klage vor Gericht vor. Nino Ketschagmadse