Hauptstadt braucht offenbar keinen Polizeipräsidenten

■ Neuer Streit um eine Amtszeitverlängerung des Polizeipräsidenten. Koalitionsausschuß vereinbart lediglich neuen Vizepräsidenten. Auch andere dringende Themen offengeblieben

Kaum hatten sich CDU und SPD im Koalitionsausschuß am Sonntag abend auf eine Minimalversion in Sachen Polizeipräsident geeinigt, ging der Streit gestern in die nächste Runde. Der seit Monaten verwaiste Posten eines Polizeivizepräsidenten solle per Ausschreibung besetzt werden, lautete der Beschluß der Koalitionäre. So wolle man gewährleisten, daß die Polizei im Herbst auf keinen Fall führungslos wird.

Nach dem Koalitionsausschuß erklärte gestern dann CDU-Generalsekretär Volker Liepelt, der amtierende Polizeipräsident Hagen Saberschinsky – der im Oktober mit Erreichen der Altergrenze ausscheiden müßte – solle um ein Jahr verlängern. Die CDU stünde voll hinter Hagen Saberschinsky, und Innensenator Werthebach (CDU) hätte den Verlängerungsvorschlag sicher nicht ohne Zustimmung Saberschinskys gemacht.

Im Gegensatz dazu erklärte der SPD-Parteivorsitzende Peter Strieder, die SPD sei – wie bereits vor dem Koalitionsausschuß betont – nicht bereit, Saberschinskys Amtszeit zu verlängern. SPD und CDU sollten deshalb über eine Neubesetzung sprechen. Er sei sicher, daß es auch andere kompetente Bewerber gebe. Die SPD habe schon „Leute im Auge“ (die taz berichtete bereits).

Saberschinsky selbst bekräftigte gestern auf Nachfrage der taz: „Eine einjährige Verlängerung mache ich nicht mit.“ Er hatte bereits in den Vortagen erklärt, daß er nur dann weiter als Polizeipräsident zur Verfügung stünde, wenn es eine „Perspektive“ für eine fünfjährige Verlängerung gebe. Zu der Frage nach der Ausschreibung für den Posten des Vizepräsidenten sagte Saberschinsky: Er habe einen guten Personalvorschlag, „der sofort antreten kann“. Ob es sich dabei um den Chef der Schutzpolizei, Gernot Piestert, handelt, der sich vergebens um den Posten beworben hatte, wollte er nicht sagen. Innensenator Werthebach dazu: „Die Stelle wird neu ausgeschrieben“. Unterdessen hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bereits gegen die Ausschreibung des Vizepostens protestiert. Statt eines Vize bräuchte die Berliner Polizei wieder einen Landespolizeidirektor, dem alle Dienststellen der Polizei nachgeordnet werden und der die aktuellen internen Abstimmungsprobleme lösen könnte.

Als ähnlich wegweisend wie in Sachen Polizeipräsident erwies sich der Koalitionsausschuß auch in anderen strittigen Punkten. So konnten sich CDU und SPD nicht einigen, ob Religion Wahlpflichtfach werden soll. Offen blieb am Sonntag auch die dringende Neubesetzung des Landesverfassungsgerichts. Einigen konnten sich die Parteien nur auf die Verlängerung des Unternehmensvertrages mit der BVG um acht Jahre und ein dazugehöriges Sanierungskonzept, die Schließung des Flughafenx Tempelhof und darauf, daß die Domäne Dahlem unangetastet bleibt. Barbara Junge/Plutonia Plarre