Außer Verzögern nichts gewesen

■ USA wollen Abschluß des Klimaprotokolls verschleppen. Wahlkampf ist wichtiger

Berlin (taz) – Die USA wollen die Klärung der offenen Fragen aus dem Klimaschutzprotokoll von Kioto um ein knappes halbes Jahr verschieben. Dieses Anliegen haben amerikanische Unterhändler auf der Arbeitstagung der UN zum Klimaschutz vergangene Woche in Bonn vorgebracht. Bisher war vereinbart, die wichtigen Details des Klimaschutzprotokolls auf dem 6. Klimagipfel im Herbst 2000 zu klären, der wohl in Den Haag stattfinden wird.

Offiziell wird der Antrag damit begründet, daß so mehr Zeit für eine Einigung bleibt. Doch US-Außenstaatssekretär Frank Loy räumt ein, daß eine Verschiebung praktisch wäre, weil im November 2000 in den USA Präsidentschaftswahlen stattfinden und das Weiße Haus sich nicht genug um den Gipfel kümmern könne. Wahrscheinlicher aber ist, daß die Clinton-Regierung die Wahlchancen ihres Vizepräsidenten Al Gore nicht gefährden möchte. Denn ein Klimaprotokoll wird von der US-Industrie mit Leidenschaft bekämpft, und seine Vollendung im Wahlkampf könnte Gores Aussichten empfindlich gefährden.

Der vermutliche Ausrichter Holland hat seine Zustimmung zur Verschiebung signalisiert, und auch Deutschland ist laut Umweltministerium „leidenschaftslos“. Natürlich wünschen die Europäer nicht, daß die USA wegen des Wahlkampfs alles blockieren. Pech wäre es aber, wenn die Republikaner das Rennen machten, denen der Treibhauseffekt egal ist.

Schon jetzt geht mit den USA wenig: Zwar sprach Umweltminister Jürgen Trittin staatsmännisch von „ersten Fortschritten“, die in den vergangenen zwei Wochen auf der Arbeitstagung erreicht worden seien. Umweltschutzverbände sehen die Bilanz nüchterner: „Wir sind bei den Streitpunkten nicht weitergekommen“, sagt Oliver Rapf vom WWF. Erneut seien die USA nur durch ihr Streben aufgefallen, das Kioto-Protokoll weiter zu verwässern. So wollten die US-Unterhändler selbst aus den fälligen nationalen Sachstandsberichten auch noch alle Indikatoren, wie Kohlendioxidausstoß pro erzeugte Güter, herausstreichen, die die Klimaschutzmaßnahmen international vergleichbar machen. „Die Konferenz befaßte sich inzwischen zu 100 Prozent mit den Schlupflöchern“, so Rapf. urb