Gerhard Schröder schwärmt für eine Große Koalition

■ Der Kanzler zieht seine Schlüsse aus der Europawahl: Nur in der Mitte gewinnt man Wahlen

Bonn (taz) – Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat gestern eine „kräftige Wahlniederlage“ seiner Partei bei den Europawahlen eingestanden. Für sie seien „die Bundesregierung und der Bundeskanzler persönlich verantwortlich“. Unter dem Motto „Wir haben verstanden“ kündigte er als Antwort fünf Punkte an: Die Unternehmenssteuern sollen auf 35 Prozent gesenkt, die Ökologisierung des Steuersystems weiter vorangetrieben, der Familienlastenausgleich verbessert, der Haushalt konsolidiert und die Stabilitätskriterien des Euro eingehalten werden.

Schröder nannte dies eine „solide Mischung aus Angebots- und Nachfragepolitik“. Zu diesen Vorstellungen gebe es keine Alternative, außerdem wolle die SPD auch gar keine. Der Bundeskanzler räumte ein, daß es eine kritische Diskussion um das sogenannte Blair-Schröder-Papier zum Umbau des Sozialstaats im Parteipräsidium gegeben habe, das kurz vor der Europawahl veröffentlicht worden war. Dieses Papier, sagte er, „beendet die Scheindebatte, als sei das Projekt der neuen Mitte aufgegeben“. Wer in Deutschland die Mitte nicht besetze, könne keine Wahlen gewinnen.

Er führte die Landtagswahl in Bremen vor einer Woche als gutes Beispiel an. Dort habe der Bremer Bürgermeister Henning Scherf bewiesen, daß man mit „so einem Projekt“ gewinnen kann. Scherf war mit der Ankündigung einer Großen Koalition in den Wahlkampf gezogen. „Wieso“, fragte Schröder, „sollen wir aus solchen Erfahrungen keinen Nutzen ziehen?“ Markus Franz

Europawahl Seiten 6 bis 9