Gift in der Donau: Trinkwasser für Millionen gefährdet

■ EU hat trotz Auftrag noch keinen Finger gerührt – WWF fordert Sofortmaßnahmen

Eine sofortiges Programm zur Rettung der Donau fordert die Umweltstiftung WWF. Philip Weller, Projektleiter des Donau-Karpaten-Programms, sagte der taz, daß während der Bombardierungen im Kosovo und in Serbien 81 Fabriken entlang der Donau angegriffen wurden. In diesen Fabriken seien extrem giftige Substanzen gelagert oder produziert worden. Es sei nicht auszuschließen, daß Gift in großen Mengen in die Donau geflossen sei, meint Weller. In Rumänien seien bei ersten Messungen bis zu 50fach höhere Zinkwerte als noch vor dem Krieg gemessen worden. Wissenschaftler der örtlichen Behörden hätten bei Blei und Cadmium dreimal so hohe Werte vorgefunden. Allerdings sei es den Behörden nicht möglich, hochgiftige Substanzen wie Quecksilber zu messen, sagte Weller. Rumänien und Bulgarien fehlten schlicht die notwendigen Chemikalien, um solche Stoffe nachweisen zu können.

Philip Weller fordert deshalb, so schnell wie möglich Meßteams an die Donau zu schicken. Die sollen wissenschaftlich fundierte Daten über das genaue Ausmaß der Verschmutzungen liefern. „Bisher können wir darüber nur spekulieren“, sagte Weller. Viel Zeit sei nicht mehr: Rund zehn Millionen Menschen bezögen ihr Trinkwasser direkt aus der Donau. „Wenn nichts geschieht, müssen die Menschen mit Vergiftungserscheinungen rechnen.“

Anfang Mai hatten die Umweltminister der Europäischen Union bei einem Treffen in Weimar die EU-Kommission beauftragt, eine „zügige“ Bewertung der ökologischen Schäden im Kosovo vorzunehmen. Geschehen ist seitdem nichts. Auf Anfrage der taz erklärte ein EU-Sprecher, daß bisher noch überhaupt keine Maßnahmen in dieser Richtung getroffen worden seien.

Eine eigene Initiative der Bundesregierung ist vorerst nicht zu erwarten. Trittins Sprecher sagte: Erst müßten die jeweiligen Regierungen um Hilfe bitten.

Thorsten Denkler