Weiteres Feilschen um Rußlands Rolle in der KFOR

■ Moskau und Nato wollen Streit noch vor dem G-8-Treffen am kommenden Wochenende beilegen. Russischen Truppen auf dem Flughafen Pristina geht der Proviant aus

Rußland und der Westen wollen ihren Streit über das Verhältnis zwischen der KFOR-Schutztruppe und dem russischen Kontingent im Kosovo nach Angaben beider Seiten noch vor dem Kölner G-8-Gipfel am kommenden Wochenende beilegen. Die russische Nachrichtenagentur Interfax zitierte Ministerpräsident Sergej Stapaschin gestern mit den Worten, alle „Mißverständnisse“ mit den USA sollten bis Ende der Woche ausgeräumt sein. Stepaschin fügte hinzu, es gebe noch eine „sehr wichtige Prinzipienfrage“, die zu klären sei, nämlich die Entwaffnung der albanischen Untergrundarmee UÇK gemäß den Beschlüssen der Vereinten Nationen.

Auch der französische Außenminister Vedrine sprach gestern die Erwartung aus, daß die Meinungsverschiedenheiten bis zum G-8-Gipfel beigelegt seien. Rußland habe in der Kosovo-Krise Verantwortungssinn bewiesen. Der Vorstoß auf Pritina sei eine Einzelaktion einiger Militärs.

Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping ging davon aus, daß die Eingliederung der russischen Truppen in die internationale Kosovo-Friedenstruppe KFOR bald gelöst sein werde. Dabei schloß er nicht aus, daß die Russen an der Seite der deutschen Streitkräfte im Gebiet um die Stadt Prizren stationiert werden könnten.

200 russische Fallschirmjäger waren in der Nacht zum Samstag von Bosnien aus nach Pritina vorgestoßen und hatten den Flughafen besetzt. Mit der Aktion wollte Rußland seiner Forderung nach einem eigenen Sektor unter eigenem Oberkommando Nachdruck verleihen. Der Westen lehnt dies ab, weil er eine Teilung der Provinz befürchtet. Heute sollen in Helsinki die Außen- und Verteidigungsminister der USA und Rußlands über den Status der russischen Truppen im Kosovo beraten.

Unterdessen gingen den russischen Soldaten auf dem Flughafen von Pritina die Vorräte aus. Nach Informationen der russischen Presse sahen sie sich außerdem der Bedrohung durch einige hundert UÇK-Kämpfer gegenüber. UÇK-Führer hätten erklärt, sie könnten die Sicherheit der russischen Truppen nicht garantieren, und angekündigt, sie anzugreifen, wenn es zur Bildung eines russischen Sektors komme.

Die russische Armee setzte in der Nacht zu Dienstag vom Stützpunkt Ugljevik in Bosnien elf Fahrzeuge mit Lebensmitteln, Wasser und Treibstoff für die Einheit im Kosovo in Marsch. Der Konvoi wurde gegen Abend in Pritina erwartet.

Die Nato zeigte sich mit dem Rückzug trotz Transportproblemen der Serben weitgehend zufrieden. Bis Sonntag sollten alle 45.000 Sicherheitskräfte Jugoslawiens das Kosovo verlassen haben. Der parlamentarische Staatssekretär im Bonner Verteidigungsministerium, Werner Kolbow, zeigte sich erstaunt über das geringe Ausmaß der Zerstörung innerhalb der serbischen Streitkräfte. „Deshalb müssen wir Vorsorge treffen.“ Die Nato habe seiner Meinung nach eine „Politik der Schonung“ betrieben. Warum die serbischen Truppen trotz des Bombardements noch über eine erstaunliche Menge funktionsfähigen Kriegsmaterials verfügten, müsse geklärt werden. AFP/dpa