Mehr Soldaten trotz weniger Geld

Die „Krisenreaktionskräfte“ der Bundeswehr reichen für Einsätze wie im Kosovo nicht aus. Scharping ist geneigt, bei der Flugbereitschaft zu sparen  ■   Aus Bonn Bettina Gaus

Das Verteidigungsministerium in Bonn plant offenbar eine erhebliche personelle Verstärkung der Krisenreaktionskräfte der Bundeswehr. Der Einsatz im Kosovo mache eine „Anpassung“ erforderlich, erklärte Rudolf Scharping gestern in Bonn. Überprüft werden müßten auch die Ausbildung und das zur Verfügung stehende Material. Die Bundeswehr wolle künftig verstärkt spezialisierte Mittel und Kräfte bereitstellen.

Einzelheiten will der Verteidigungsminister noch vor der parlamentarischen Sommerpause Anfang Juli bekanntgeben. Scharping kündigte darüber hinaus an, die „Stehzeit“ des Kontingents von derzeit vier Monaten überprüfen zu wollen.

Bei einer dauerhaften Stationierung von bis zu 13.000 deutschen Soldaten im Balkan sei das Engagement im Kosovo beim derzeitigen Umfang der Krisenreaktionskräfte in der gegenwärtigen Form nicht lange durchzuhalten, sagte Scharping vor Journalisten. Einschließlich der Vor- und Nachbereitungszeit seien kontinuierlich bis zu 39.000 Bundeswehrangehörige durch die Operation gebunden. Der Verteidigungsminister erklärte außerdem, er wolle sicherstellen, daß innerhalb von zwei Jahren niemand zweimal zu einem Auslandseinsatz herangezogen werden müsse.

Damit wird die Frage, in welchem Umfang die Krisenreaktionskräfte erweitert werden sollen, zu einer Dreisatzrechnung, an deren Ende eine Aufstockung von einem Drittel stehen dürfte.

Rechnen muß Scharping derzeit allerdings auch in anderer Hinsicht, denn Finanzminister Hans Eichel verlangt von ihm ebenso wie von allen anderen Ministerien konkrete Vorschläge für Einsparungen. „Ich halte es für richtig, was in der Finanzpolitik gemacht wird“, sagte Scharping, betonte aber zugleich: „An der Leistungsfähigkeit der Bundeswehr darf nicht gerüttelt werden.“

Da der Minister derzeit keinen weiteren Personalabbau bei den Soldaten plant, Kürzungen bei der Ausbildung nicht hinnehmen will und die Streitkräfte schon lange über veraltetes Material klagen, bieten sich nur wenige Bereiche zum Sparen an. Scharping will Mittel nun mit dem Einsatz modernen Managements herausholen: mit einer Kosten- und Leistungsverantwortung und einem Controlling-System.

Zu den Bereichen, die auf den Prüfstand sollen, gehört auch die Flugbereitschaft, die Politiker befördert und immer wieder einmal in den Ruch des Mißbrauchs kam. „Ich habe dabei ein ganz einfaches Ziel: Kostensenkung“, sagte der Minister. Scharping lehnte Spekulationen über eine mögliche Privatisierung des Dienstes ab, ließ aber durchblicken, wohin die Reise gehen könnte: „Ich ahne voraus, daß wir nicht jede Leistung, die wir bisher kostenlos erbracht haben, auch in Zukunft kostenlos werden erbringen können. Was meinen Sie, warum ich die Flugbereitschaft erwähnt habe?“