Quasi gefriergetrocknet

■ Mit Spain treibt Josh Haden, der Sohn des Jazz-Bassisten Charlie Haden, die Stilisierung des Einfachen weiter voran

Niemand drängte ihn zu einem Instrument. Also saß Josh Haden immer nur in der Ecke und schaute zu – als seine drei Schwestern klassische Hausmusik machten wie auch später, als Anna Waronker ins Haus kam, um mit Petra und Rachel die ersten Songs für ihre Band That Dog zu proben.

Später verdingte er sich als Roadie für Papa Charlie, den großen Jazz-Bassisten, schwor sich aber, „nicht eher nach Europa zurückzukommen, bis du selbst ein Instrument spielst“! Und was blieb einem schüchternen Schweiger, der lange fürchtete, seine Songs könnten „nicht akzeptiert“ werden, da erstmal nur? Genau: Punk-Rock. „Ich dachte, ich würde mich bewußt von meinen Wurzeln entfernen“, wird der junge Haden später über seine Zeit mit den Treacherous Jaywalkers zu Protokoll geben. „Aber als die Wut weg war, da war ich ihnen näher als je zuvor.“ Die Wurzeln, das sind Blues, Country, Gospel, die Musik, die sein Vater schon als Kind in einer Radio-Show (The Haden Family) gesungen hatte. Sohn Josh verarbeitet sie heute allerdings quasi gefriergetrocknet.

Vor fast 4 Jahren debütierte er als Sänger und Songwriter mit The Blue Moods of Spain. Blau ist die Stimmung immer noch. Sogar tiefblau. Die Fansite der Band wird in Norwegen verwaltet, das neue Album She Haunts My Dreams wurde in Schweden eingespielt. Skandinavien entspricht diesem Moll-Stück in 10 Akten auch eher als Kalifornien, wo Haden aufwuchs. Assoziationen stellen sich schnell ein zu dieser Musik. Diese hier zum Beispiel: Ein zerwühltes Bett, eine Tasse kalter Kaffee, ein Zug auf dem Weg nach Nirgendwo. Es geht ums Warten (auf die Liebe), um die Träne danach, um den erschreckenden Moment, in dem plötzlich nichts mehr sein kann wie es zuvor war. Josh Haden sagt: „Beziehungen sind wichtig. Deshalb schreibe ich lieber darüber als über Regierungen voller Heuchler.“

Das Einfache ist ja immer das Schwierige. Mit dem zweiten Spain-Album treibt Josh Haden die Stilisierung und Ästhethisierung des Einfachen konsequent voran. Wie die Plattenfirma zur Schublade „Rock“ kommt, bleibt indes ihr Geheimnis.

Mit seiner nicht gerade zur Emphase neigenden Stimme forciert Haden die Emotionen gerade nicht, sondern stellt sie nur aus wie in einer Versuchsanordnung. Und macht so gerade das wieder greifbar, was sonst unter den Klischees von Liebe begraben liegt.

Wie Mantras hängen dabei wenige Schlüsselwörter in der Luft, um die minimalistische Texte kreisen. Ein Titel-Monstrum wie „Our Love Is Gonna Live Forever“ dürfte nie unpathetischer geklungen haben als hier. Aber sowas muß man immer noch sagen dürfen. Auch wenn mans eigentlich längst besser weiß.

Jörg Feyer Di, 22. Juni, 21 Uhr, Logo