Mächtige Zeichen der Bewohnbarkeit

Stadtplanung braucht Visionen, vor allem für eine lebendige City Süd  ■ Von Gernot Knödler

Links an der Wand steht in großen bunten Buchstaben, worum es geht: „Wir haben gehört, die City (Süd) ist krank“, schrieben die Studis von der Hochschule für bildende Künste (HfbK). „Verdichten, durchmischen, vernetzen, sagte man uns ...“ Im Erdgeschoß des Europa-Centers am S-Bahnhof Hammerbrook zeigen sie zwei Wochen lang, wie das jenseits rechtlicher und ökonomischer Machbarkeiten vorstellbar sein könnte.

Wer, vorzugsweise zu Fuß oder per Fahrrad, die Amsinckstraße passiert, weiß auch, worum es geht: Endlos lange, kaum unterbrochene Fassaden aus Stahlbeton und Glas beschleunigen die Schritt- und Trittfrequenz. Ein ungastlicher Ort, aber ein Viertel, in dessen Mitte es sich vermutlich trefflich schlafen läßt. Denn in der Nacht ist hier allenfalls der Wachdienst für die vielen teuren Bürobauten unterwegs.

Ausfallstraßen und Schienenstränge trennen die City Süd von der übrigen Stadt. Noch immer gibt es Grundstücke, die seit den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg nicht wieder bebaut worden sind. 30.000 Arbeitsplätzen stehen lediglich 1500 Wohnungen gegenüber. „Man muß wissen, daß es mal Generationen gab, die das für vernünftig gehalten haben“, sagte Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter bei der Eröffnung der Ausstellung.

Die HfbK-StudentInnen sollten im Gebiet Hammerbrook West, dem Viertel rund um den S-Bahnhof, reparieren, was ihre Vorgänger verbockt haben – eine Aufgabe, die verstärkt auf die StadtplanerInnen zukommen wird. Die Reparatur und architektonische Sanierung der seit den 60er Jahren aus dem Boden gestampften Betonmonster gilt als Zukunftsaufgabe von Architekten und Stadtplanern.

Das gute Dutzend Arbeiten, unter Regie von Reinhardt Honold entstanden, näherte sich dem Thema „Mehr Leben in die City Süd“, auf völlig unterschiedlichen Wegen: vom Zettelkästchen für die Planung einer langsameren Stadt über gläserne Wohnröhren zu einer neuen Ebene für Fußgänger und Radfahrer in fünf Metern Höhe.

Die aufgestelzten Wohnröhren zögen sich über den Dächern der heutigen Häuser die Ufer von Mittel- und Südkanal entlang. Darin befänden sich lichte Maisonette-Wohnungen und eine öffentliche Promenade. Futuristisch zwar, aber machbar – ebenso wie das Containerregal von Tobias Böttcher und Michaela Stang: In ein stationäres Versorgungsgebäude werden die Container mit den Appartements geschoben. Wenn der moderne Nomade umzieht, kann er seine komplette Wohnung mitnehmen.

Fast traditionalistisch dagegen die Idee von Michael Boie und Christian Schmidt: ein nach Süden offenes, 30stöckiges Wohn-Hochhaus mit hängenden Gärten – mächtiges „Zeichen der Bewohnbarkeit“ gegen die massiven Gewerbebauten ringsum.

Daß auch Alternativen zu mehr Wohnbebauung denkbar sind, zeigt der Entwurf von Andreas Mühl, Olav Paasch und Ulrich Hahnefeld. Gerade weil in Hammerbrook kaum jemand wohnt, wollen sie Gebäude und Flächen als Party-Location oder Open-Air-Kino nutzen.

Die hier angestrebte „Initialzündung“ für die Belebung des Quartiers will ein anderes Team erreichen, indem es das Viertel umstülpt: Aus den charakteristischen Hinterhöfen sollen öffentliche Plätze und auch Straßen werden. „Diese Inversion gibt dem Nutzer das Gefühl der Überlegenheit“, hoffen die AutorInnen.

Daß in der City Süd etwas passieren muß, ist auch den Eigentümern und Mietern dort klar. Nicht umsonst unterstützte die Interessengemeinschaft City Süd die Ausstellung. Und Uwe Suhr, Gastgeber und Bauherr des Europa-Centers, stellte fest: „Schöne Gebäude allein machen's noch nicht.“