Poppt der Gipfel wirklich?

■ Die Kölner interessiert beim G-8-Treffen vor allem, was die Prominenz so ißt und trinkt. Aber manche Fragen bleiben offen

Köln (taz) – Für die Kölner ist das Interessanteste am Gipfel das Drumherum. Bei den Gesprächen über die Schulden der Entwicklungsländer wird sowieso nicht viel herauskommen, also beschäftigt man sich hier seit Wochen mit den wesentlichen Fragen: Wo wohnt Clinton? Was ist das Zelt auf dem Heumarkt? Trinkt Clinton Kölsch? Wenn ja, wieviel, mit wem und vor allem bei wem?

Das Zelt ist der Millennium-Dom, 1,2 Millionen Mark teuer, in dem Tausende Journalisten voneinander abschreiben. Mit Zelten haben die Kölner schlechte Erfahrungen, das letzte, das gebaut wurde, die häßliche blaue Kuppel neben dem Dom, wurde nie wieder abgebaut und beherbergte den Musicalflop Gaudi. Ob der Gipfel den gleichen Weg nimmt, wird sich zeigen, Gaudi haben vor allem die Journalisten. Sie essen und trinken, was der Bauch hält: Bei dem EU-Gipfel waren es zwei Tonnen Salat, 160 Kilo Huhn (Herkunft unbekannt), 700 Kilo Lachs, sie tranken 12.000 Kölsch und 7.000 Pils. Alt-Bier vom Karnevalskonkurrenten Düsseldorf gibt es selbstverständlich nicht.

Außerdem kriegen Journalisten für den G-8-Gipfel sogar Kondome, schließlich, so der Hersteller, sei der Gipfel ein Gipfel der Begegnungen und Kontakte. Die Idee stammt angeblich vom Auswärtigen Amt. Ob Clinton auch ein Gummi kriegt, ist bislang unbekannt. Anders sein Schlafplatz: Seine 180-Quadratmeter-Suite im Hyatt Hotel, 3.100 Mark teuer für Normalsterbliche, ist zwar im April abgebrannt, weil jemand den Saunaofen angelassen haben soll, aber das Hyatt hat das Zimmer für 500.000 Mark dann doch noch schnell renoviert.

Die besseren Schnitte mit der Übernachtung haben aber die anderen Gipfelmänner gemacht, die wohnen nämlich auf der richtigen Rheinseite, links, wo der Dom ist und wo die Kneipen liegen. Clinton bliebe für einen Nachtausflug praktisch nur das Lommerzheim, über dessen Exklusivität die taz schon berichtet hat (Wahrheit vom 11. 2. 99) Da gibt's die größten Steaks und den schweigsamsten Wirt von Köln, aber Kölsch versteht Clinton ja eh nicht.

Kaum kommt Clinton dann rüber, betritt er die kaugummifreie Zone. Clinton darf nicht nur nicht über ein Kabel gehen oder unter einem her, er soll auch nicht über Kaugummi gehen – dabei dürften die meisten Kaugummis aus seinem Land stammen. 260.000 der klebrigen Flatschen, so kolportiert der Kölner Stadtanzeiger stolz, wurden mit Hochdruckreinigern entfernt. Das ist bei weitem nicht die einzige Verschönerungsmaßnahme: In der Innenstadt – und nur dort – wurden 300.000 Blümchen gepflanzt. Weil die Polizei Bomben in den Kübeln vermutete, hätte sie sie fast wieder rausgerissen, aber nicht wieder eingepflanzt – 12.000 Polizisten haben schließlich was anderes zu tun. Letztlich wurden die Töpfe dann aber doch mit Geräten überprüft. Wozu das Ganze? Damit Köln in die Presse kommt und wir außer zu Karneval auch noch Besuch von Nicht-Rheinländern kriegen. Armes Lommerzheim.

Maike Rademaker