■ Mit dem CO2-Ausstoß auf du und du
: Mehr trotz weniger

Berlin (taz) – Die deutsche Industrie produziert ihre Waren und Dienstleistungen wesentlich energieeffektiver als früher – und bläst trotzdem mehr Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre. Zu diesem nur scheinbar widersprüchlichen Ergebnis kommt das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in seinem gestern veröffentlichten „Monitoring-Bericht“ für 1996 und 1997. Denn während der Ausstoß des Treibhausgases CO2 pro Einheit, also etwa pro Kühlschrank, abgenommen hat, wurde in den letzten Jahren insgesamt soviel hergestellt, daß die Emissionen kräftig stiegen. Acht Millionen Tonnen des Treibhausgases setzte die Industrie 1997 mehr als im Vorjahr frei. Vor allem wegen des Booms in der Stahl- und Chemieindustrie „ergäbe sich eine deutliche Verschlechterung der absoluten Kohlendioxidbilanz“, schreibt das wirtschaftsnahe RWI.

Aber so, meint das Institut, kann man nicht rechnen. Denn der Konjunkturaufschwung dürfe nicht die Klimabilanz verunstalten. Rechne man den Aufschwung heraus, zeige sich, daß „die Emissionen um weitere 2,5 Millionen Tonnen reduziert wurden“. Von 1990 bis 1997 sei der Ausstoß um 45 Millionen Tonnen oder 22 Prozent gesunken. Umweltminister Jürgen Trittin erklärte dann auch, solange die Industrie so erfolgreich sei, werde die Regierung auf „zusätzliches Ordnungsrecht“ verzichten. Vor vier Jahren hatte sich die Industrie verpflichtet, bis 2005 insgesamt 20 Prozent weniger CO2 zu produzieren und damit eine drohende Ökosteuer abgewendet. Ein Großteil der bis jetzt erreichten Reduktion, merkt auch das RWI an, resultiert aus dem Zusammenbruch der DDR-Industrie.

Stephan Singer, Klimaexperte des Umweltverbandes WWF, kritisierte vor allem, daß die Selbstverpflichtung auf Verbände und nicht auf einzelne Firmen gerechnet werde. Effektive Maßnahmen vor Ort seien deshalb schwer durchzusetzen und zu kontrollieren. Außerdem werde nur berechnet, wieviel Energie bei der Herstellung der Produkte gebraucht werde. Zunehmend wichtig sei aber, wieviel Energie die Produkte, etwa Autos oder Staubsauger, selbst verbräuchten.

Bernhard Pötter