Die UÇK will das Kosovo selbst verwalten

■  Die Ernennung eines Bürgermeisters für die Stadt Prizren durch die Kosovo-Befreiungsarmee verprellt die UNO. Die Nato setzt weiterhin auf Geduld, doch den Russen fehlt sie. Für die UÇK sind Moskaus Truppen Feinde

Prizren hat wieder einen albanischen Bürgermeister, doch nach Ansicht der UNO ist der illegal. Gestern benannte die Kosovo-Befreiungsarmee UÇK Gafur Kiseri zum Oberhaupt der Stadt. Der Kosovare habe bereits früher politische Ämter innegehabt, hieß es zur Begründung. Im UN-Hauptquartier löste die Nachricht Unmut aus. Laut einem Plan von UN-Generalsekretär Kofi Annan ist für die zivile Verwaltung der Stadt die extra eingerichtete „UN Interim Administration in Kosovo“ (Unmik) zuständig. Annan hat den Brasilianer Sergio Vieira zum vorläufigen Beauftragten für die Durchsetzung der internationalen zivilen Präsenz im Kosovo ernannt – und der hat vor der Besetzung von Bürgermeisterposten konsultiert zu werden. „Wenn die Ernennung ohne Mitwirkung Vieira de Mellos erfolgte, ist sie illegal“, empörte sich gestern deshalb ein UN-Sprecher. Weiterer Ärger ist vorprogrammiert, denn bereits am Dienstag hatt ein UÇK-Kommandeur in Prizren erklärt, seine Truppe wolle für die Stadt eine eigene Zivilverwaltung aufbauen.

Die Nato setzt bei ihrem Umgang mit der Albaner-Truppe weiter auf Geduld. Mit der „Demilitarisierung“ der UÇK werde begonnen, sobald die KFOR-Truppen vollständig in der Region stationiert seien, erklärte gestern Nato-Sprecher Jamie Shea. Das Bündnis habe „zahlreiche Zusicherungen“ von politischern Führern der UÇK erhalten, daß sich die Organisation dabei kooperativ verhalten werde.

Daß sich bei der KFOR die Erkenntnis durchzusetzen beginnt, daß es nicht so einfach sein wird, die UÇK in ihre Schranken zu weisen, lassen Äußerungen des britischen KFOR-Oberkommandanten General Michael Jackson erahnen. Die UÇK werde demilitarisiert, sagte er gestern, jedoch: „Die Methode muß noch ausgearbeitet werden.“

Ähnlich nebulös erklärte der Staatsminister im Bonner Verteidigungsministerium, Walther Stüzle, die Entwaffnung der UÇK sei nur eine Frage der Zeit.

Und dem britischen Verteidigungsminister George Robertson war zu entlocken, seine Regierung strebe eine formelle Vereinbarung über die Entwaffnung der UÇK „innerhalb von Tagen“ nach Ende des serbischen Abzuges an. „Zumindest einige“ der Führer der Truppe hätten die Übergabe ihrer Waffen zugesagt.

Am Dienstag hatten sich laut Berichten von Journalisten vor Ort vor einem Gebäude in Pritina britische Fallschirmjäger und etwa 50 schwer bewaffnete UÇK-Kämpfer stundenlang gegenübergestanden. Die Briten sollten die Waffen der Kosovaren einsammeln, doch die erklärten, sie seien bereit, um diese zu kämpfen. Schließlich erhielten die Briten den Befehl zum Rückzug.

Weniger Geduld hat die russische Regierung. Die KFOR müsse der UÇK „schleunigst“ die Waffen abnehmen, meinte Außenminister Igor Iwanow gestern. Andernfalls würden im Kosovo „sehr bald erhebliche Probleme“ entstehen. Zuvor hatte die UÇK-Führung verlauten lassen, sie betrachte die russischen Truppen im Kosovo wegen ihrer proserbischen Haltung als „Feinde“ und werde sie auch als solche behandeln.

Die preiswürdigste Erklärung für die bisher nicht stattfindende Entwaffnung der UÇK lieferte am Dienstag deren Chef Hashim Thaci: „Bislang hat niemand die UÇK gebeten, ihre Waffen abzugeben.“ taud