Bessere Karten bei Krebs

Studie zu Überlebensraten bei bösartigen Neubildungen stellt Zunahme von Heilungschancen fest  ■   Von Manfred Kriener

Berlin (taz) – Die Überlebenschancen für Krebspatienten in Deutschland haben sich in den letzten 20 Jahren deutlich verbessert. Männer, die zu Beginn der 70er Jahre an Krebs erkrankten, hatten eine Heilungschance von etwa 25 Prozent. Ende der 80er Jahre war ihre Überlebenswahrscheinlichkeit auf 37 Prozent angestiegen. Bei Frauen ist die Verbesserung weniger ausgeprägt, aber noch erkennbar. Die Überlebensaussichten stiegen von 44 Prozent Anfang der 70er Jahre auf 49 Prozent Ende der 80er Jahre.

Wichtigste Trends: Bei Hodenkrebs und Leukämien, bei Dickdarm- und Magenkrebs sowie bei malignen Melanomen der Haut haben sich die Heilungschancen für die Patienten stark verbessert. Bei anderen Krebsarten gibt es dagegen kaum Fortschritte. Krebserkrankungen von Lunge, Speiseröhre und Bauchspeicheldrüse sind nur selten heilbar. Die Fünfjahresüberlebensrate liegt hier unter zehn Prozent.

Eine gestern vom Robert-Koch-Institut vorgelegte Studie „Entwicklung der Überlebensraten von Krebspatienten in Deutschland“ hat die Daten der Krebsregister in der früheren DDR und im Saarland ausgewertet. Die Patienten wurden nicht nur in den ersten fünf Jahren nach der Diagnose beobachtet, sondern, wie Studienleiter Dieter Schön herausstellte, zehn Jahre und länger, um wirklich gültige Daten zu den Überlebenschancen nach Krebs zu erhalten. Ein aktueller Vergleich mit Patienten, die in den letzten Jahren erkrankten, ist wegen der langen Beobachtungszeit nicht möglich.

Häufigste Erkrankungsfälle sind Brustkrebs bei Frauen und Lungenkrebs bei Männern. Da der Brustkrebs mit einer Wahrscheinlichkeit von 73 Prozent heute relativ gut heilbar ist, Lungenkrebs dagegen bei mehr als 90 Prozent der Patienten tödlich verläuft, ergibt sich für Männer insgesamt ein schlechteres Bild. Bei den Frauen bedrückt wiederum ein leichter Rückgang der Heilungsaussichten beim Gebärmutterhalskrebs und der schleppende Fortschritt beim Brustkrebs. Die Heilungschancen sind bei Brustkrebs zwar groß, haben aber in den letzten 20 Jahren nur um acht Prozent zugelegt. 42.700 Patientinnen erkrankten zuletzt jährlich an Brustkrebs, das entspricht einem Viertel aller Krebserkrankungen bei Frauen. Daß weitere Verbesserungen der Überlebensraten möglich sind, zeigt das Beispiel der USA, wo bereits 83 Prozent der erkrankten Frauen überleben.

Bei Männern ist Lungenkrebs die häufigste bösartige Neubildung. Sie sind achtmal häufiger betroffen als Frauen, wobei Raucher ein 20mal größeres Risiko tragen. Die Überlebenschancen in den letzten 20 Jahren stiegen im Saarland für Männer marginal von 7 auf 9 Prozent. Jährlich erkranken in Deutschland 29.000 Männer an Lungenkrebs.

Studienleiter Schön hielt sich mit gesundheitspolitischen Forderungen als Konsequenz aus der Krebsanalyse zurück. Mit einer Ausnahme: Er verlangte eine Intensivierung der Früherkennung. Die Studie zeige, daß sich die Chancen bei vielen Krebsarten deutlich verbessern ließen. Die Analyse der Heilungsraten bei Krebs soll in den nächsten Jahren ständig aktualisiert werden. Seit 1995 bauen alle Bundesländer eigene Krebsregister auf.