Gedenken wird in Stein oder in Worte gefaßt

■ Nächste Woche fällt die Entscheidung: zwei Vorschläge für das Holocaust-Mahnmal

Bonn (taz) – Soll das Gedenken an die Vernichtung der europäischen Juden in ein Mahnmal aus Stein oder aus Worten gefaßt werden? Auf diese Alternative hat sich der Kulturausschuß des Bundestages eine Woche vor der Parlamentsabstimmung über ein deutsches Holocaust-Mahnmal geeinigt. Danach werden am 24. oder 25. Juni im Parlament zwei Entwürfe zur Abstimmung kommen: Aus den verschiedenen Modellen des US-Architekten Peter Eisenman wurde die Variante „Eisenman II“ ausgewählt. Sie sieht ein von 4.000 auf 2.600 Steinstelen verkleinertes Feld vor. Ergänzt werden soll es durch einen noch nicht näher definierten „Ort der Information“, der allerdings eher bescheiden ausfallen soll.

Als Alternative können die Abgeordneten sich für den Vorschlag des Theologen und SPD-Politikers Richard Schröder entscheiden, ein Denkmal mit dem Satz „Morde nicht!“ zu errichten. Dem Ausschuß hatten sechs Anträge zur Beratung vorgelegen, die Reduzierung auf zwei Optionen soll nach den Worten der Vorsitzenden Elke Leonhard (SPD) die Debatte wie die Abstimmung transparenter machen. Politiker von CDU und CSU sehen in der Beschlußempfehlung allerdings eine Verengung der Entscheidungsmöglichkeiten des Bundestags. Sie konnten sich mit dieser Sicht im Ausschuß nicht gegen die Mehrheit von SPD und Grünen durchsetzen.

Fraktionschef Wolfgang Schäuble schrieb deswegen gestern einen Protestbrief an Parlamentspräsident Wolfgang Thierse (SPD). Rot-Grün habe die eigene Position mit Koalitionsmehrheit durchgesetzt und damit gegen die Vereinbarung verstoßen, die Abgeordneten in freier Entscheidung abstimmen zu lassen. Leonhard konterte die Vorwürfe mit dem Hinweis, es hätte sonst die Gefahr bestanden, daß „man unendlich diskutiert“. Der CDU-Kulturexperte Norbert Lammert wollte weitere Anträge seiner Fraktion für die Plenarsitzung des Bundestages nicht ausschließen. Im Ausschuß waren Unionsvertreter mit dem Vorschlag unterlegen, das Mahnmal nicht nur den ermordeten Juden, sondern allen Opfern des Nationalsozialismus zu widmen. Bei der Abstimmung im Bundestag soll nun in drei Schritten verfahren werden. Nach der Grundsatzentscheidung, ob ein Mahnmal am Platz neben dem Brandenburger Tor errichtet werden soll, stehen erst die beiden Entwürfe zur Abstimmung sowie anschließend die Errichtung einer Stiftung zur Errichtung des Mahnmals. Patrik Schwarz