Schröder kocht, die Grünen sind sauer

Bei der Veröffentlichung der Rentenpläne hat es, wieder mal, eine Panne gegeben. Die grüne Fraktion war nicht informiert. Das Kanzleramt macht für das Chaos das Riester-Ministerium verantwortlich  ■   Aus Bonn Markus Franz

Nach der Bekanntgabe der Rentenpläne von Arbeitsminister Walter Riester fassen sich Politiker von SPD und Grünen entsetzt an den Kopf: Wie konnte es nur passieren, daß die ohnehin angeschlagene Regierung einen neuen Konflikt in der Koalition heraufbeschwört? Wieder mal ist von Koordinierungsmängeln der Regierung die Rede. Der Arbeitsminister sowie das Kanzleramt geraten unter Beschuß. Überschriften in den gestrigen Zeitungen wie „Grüne lehnen Riesters Rentenpläne ab“ und „Riester plant Zwangsrente“ bringen Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Kochen.

Der Kanzler ist zwar inhaltlich mit den Rentenplänen einverstanden, aber ihn erbost, daß die Pläne vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangt sind und somit ein Streit mit den Grünen vom Zaun gebrochen wurde. Daß sich die Grünen von dem Riester-Konzept distanzieren würden, heißt es selbstkritisch aus dem Kanzleramt, war klar. Schließlich habe man deren Vorstellungen gekannt. Insofern hätte vorher eine Abstimmung erfolgen müssen. „Wenn man nicht miteinander redet, dann kann so etwas eben passieren“, sagt jemand aus dem Kanzleramt. Wenn das so weitergehe, dann könne man gleich einpacken. Der Ärger auf die Grünen hält sich in Grenzen. „Man kann denen nicht etwas vor den Latz knallen und dann hoffen, daß die das mitmachen.“

Am Dienstag hatte SPD-Fraktionschef Peter Struck noch mit der grünen Fraktionsspitze gefrühstückt, und da war die Rente kein Thema. Das Kanzleramt macht vor allem das Riester-Ministerium für die mangelnde Koordination verantwortlich. „Das hätte vorher eingetütet werden müssen.“ Dem Arbeitsminister wird außerdem vorgeworfen, seine Rentenpläne nicht verständlich genug gemacht zu haben. In einer Kabinettssitzung am Mittwoch hatte Gesundheitsministerin Andrea Fischer nach den Ausführungen Riesters gesagt: „Ich verstehe das nicht.“ Und Justizministerin Herta Däubler-Gmelin hatte irritiert gefragt: „Muten wir nun den Rentnern ein Sonderopfer zu oder nicht?“

Die SPD-Fraktion richtet ihre Kritik zunächst an das Riester-Ministerium. Dessen Öffentlichkeitsarbeit sei ein kritischer Punkt. Es sei keine kluge Strategie, schrittweise Informationen herauszulassen. Sie nimmt aber auch das Kanzleramt in die Verantwortung. Bei solch wichtigen Projekten müsse die Abstimmung auf höchster Ebene erfolgen, damit es nicht zu öffentlicher Kritik aus dem eigenen Lager komme. Aus der Fraktionsspitze der Grünen heißt es: „Die Rentenkiste ist so heiß, daß sich das Kanzleramt hätte einschalten müssen.“ Man sei „völlig überrascht“ worden. Zwar habe es vorab Gespräche über die Rente gegeben, aber nicht über genaue Inhalte. Jetzt müßten die Grünen eben in der öffentlichen Auseinandersetzung versuchen, eine Nachbesserung hinzubekommen.

Das Arbeitsministerium fürchtet um die Realisierung ihres Konzepts: „Jetzt wird es schwieriger.“ Auch die Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Doris Barnett (SPD), meint, daß die vorzeitige Veröffentlichung der Sache schade. Es wäre besser gewesen, wenn sich Ministerium, Experten, Fraktionen und Kanzleramt abgesprochen hätten. In der Sache hält die Sozialexpertin die Riester-Pläne für richtig. „Die Eigenvorsorge paßt wie das Tüpfelchen auf das i.“ Ursprünglich sollten die Rentenpläne erst am 30. Juni vorgestellt werden, zusammen mit Eichels Haushalts- und Steuerpaket. Die Fraktionen von SPD und Grünen sind daher über Einzelheiten des Rentenkonzepts nicht genau informiert.

Das Arbeitsministerium weist den Vorwurf der mangelnden Koordination zurück. Schließlich seien die Vorschläge des Arbeitsministers nicht absichtlich vorzeitig an die Öffentlichkeit gebracht worden. Zunächst habe es eine Indiskretion gegeben. Und als dann die Sprecherin auf Gerüchte über die Rentenpläne angesprochen worden sei, habe sie schließlich antworten müssen.