Serbiens orthodoxe Kirche beschuldigt Milosevic

■ Und Milosevic beschuldigt die orthodoxe Kirche. Heiligtümer im Kosovo sind gefährdet

Stolz meldeten Bundeswehrsoldaten in Prizren, sie hätten fliehenden Serben „sicheres Geleit“ gegeben. Unter den Flüchtlingen „mit sicherem Geleit“ befand sich auch der orthodoxe Erzbischof Artemije. Er hat sich sicherheitshalber nach Pritina in das Kloster Gracanica begeben. In die britische Zone.

Gleichzeitig forderte die Orthodoxie, die sich von alters her immer auch als einen politischen Faktor verstanden hat, in Belgrad Miloevic zum Rücktritt auf: „im Interesse des Volkes.“ Serbien brauche neue Leute in der politischen Führung. Das Regime reagierte darauf gestern scharf: „Die Bischofskonferenz will in Schritt und Tritt mit Clinton und Blair marschieren, will das gleiche, was die Nato-Verbrecher wollen, möchte ein Knecht der politischen Vassalen sein und diese vom Volk legal gewählte Macht ablösen“, schrieb das staatseigene Blatt Borba.

Erzbischof Artemije erklärt, er würde nach Prizren und Pec zurückkehren, wenn die Lage sicher sei. Ein eventuelles gottgewolltes Martyrium war er nicht gewillt auf sich zu nehmen. Dafür beeilten sich die für sein Territorium nicht zuständigen Erzbischöfe von Montenegro, Anfilohje, und Bosnien, Alanasije, ins Kosovo zu kommen, um den Glauben der Serben an eine Zukunft auf diesem Gebiet zu stärken.

Auch der greise Patriarch Pavle kündigte an, Kosovo, vor allem den alten Patriarchensitz in Pec, zu besuchen und einige Zeit lang auszuharren. Pavle war hier Erzbischof, bevor er zum Patriarchen gewählt wurde. Vor mehreren Jahren sagte er in einem damals kaum beachteten Pressegespräch in Wien, für die Kirche sei nicht die weltliche Obrigkeit wesentlich, sondern das Recht auf Zugang zu Heiligtümern. Dafür will er sich wohl einsetze: für eine Sicherheit der altehrwürdigen serbischen Klöster.

Inzwischen berichten serbische Quellen von derBeschädigung mehrerer Klöster und Denkmäler der Serben im Kosovo, vor allem im deutschen Sektor; die Klosterkirche des heiligen Georg in Kallaja, das Kloster der Heiligen Dreieinigkeit bei Suva Reka, das Denkmal des serbischen Zaren Duan aus dem Mittelalter in Prizren und andere. Andrej Ivanji, Belgrad