Indien global

Obwohl heute in Indien mit 980 Millionen Menschen fast ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt, trägt das Land nur 0,5 Prozent zum Welthandel bei. Anfang der fünfziger Jahre waren es noch 2,8 Prozent. Mitte der achtziger Jahre begann die indische Regierung mit einer wirtschaftlichen Liberalisierung der bis dahin sozialistisch angehauchten Wirtschaft. Auf dem Höhepunkt einer Wirtschafts- und Finanzkrise wurden im Juli 1991 umfangreiche Schritte zur Öffnung der Wirtschaft eingeleitet und ein Strukturanpassungsprogramm begonnen.

Seitdem wurde die Lizensierung für den Import von Zwischen- und Kapitalgebern abgeschafft und die Importzölle von durchschnittlich 87 auf 23 Prozent gesenkt. Entsprechend stiegen die Importe zum Beispiel aus den USA von 1991 bis 1997 von 2 auf 3,5 Milliarden US-Dollar. Washington klagt, daß noch immer 2.700 Produktlinien Importbeschränkungen unterliegen. Indiens nach wie vor begrenzter Integration in die internationalen Kapitalmärkte ist es zu verdanken, daß die Asienkrise das Land weitgehend verschonte.

Je nach Bemessungsgrundlage lebt heute mindestens ein Drittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Die Globalisierung steigerte das Wirtschaftswachstum, spielt jedoch in der politischen Diskussion oft die Rolle eines Sündenbocks. Trotz berechtigter Kritik wird sie für viele Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht, die eher das Ergebnis schlechter Politik sind.

Bangalore

Was Manchester einst für den Kapitalismus war, ist Bangalore vielleicht für die Globalisierung. In der Stadt haben sich seit Ende der 80er Jahre fast alle großen Firmen der Welt angesiedelt, die in der Computer- und Softwarebranche Rang und Namen haben. Zehn Prozent aller indischen Softwareingenieure leben in Bangalore und produzieren hier ein Viertel der indischen Softwareexporte. Die Branche hatte in den letzten zehn Jahren Wachstumsraten von jährlich über 50 Prozent. Dabei hat Bangalores Infrastruktur längst ihre Grenzen erreicht. Die Einwohnerzahl der Stadt hat sich in den letzten zehn Jahren von drei auf sechs Millionen verdoppelt. Einst als Gartenstadt und wegen seiner Lage auf tausend Meter Höhe klimatisch attraktiv, quillt Bangalore heute über. Verkehrschaos, Slums und permanente Stromausfälle prägen die Stadt. Mit drei Universitäten und zahlreichen Forschungseinrichtungen ist Bangalore ein wichtiger Wissenschaftsstandort und die Haupstadt des Bundesstaates Karnataka mit knapp 50 Millionen Einwohnern. Davon leben allerdings vier Fünftel auf dem Land und bekommen vom Weltniveau der indischen Softwareproduzenten nichts mit. han