■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Alpträume im Juni

Wenn ein Metzger schlecht träumt, träumt er von Sojawürsten, Tofuschnitzeln, und davon, daß er in einer gottverlassenen Gegend und allein unter Veganern sein Dasein fristen muß. Wenn Journalisten schlecht träumen, träumen sie davon, wie sie ihr gesamtes Wissen auf eine große Seite schreiben, um dann zu bemerken, daß ihnen oben rechts eine weiße Fläche hämisch entgegen grinst. Ein Alptraum: Sie haben partout nichts mehr in der Birne, der Redaktionsschluß naht, und da ist noch eine leere Stelle auf der von ihnen verantworteten Seite. Was tun?

Just für diesen dramatischen Augenblick gab der Allmächtige den Journalisten die „gut informierten Kreise“ zur Hand. Solche Kreise erscheinen Redakteuren inmitten ihrer alpigsten Alpträume und flüstern ihnen zu: „Hey Du, ich weiß, wer Intendant von Radio Bremen wird.“ Ein seliges Lächeln überkommt dann den Redakteur. Und wenn er morgen zu seinem Arbeitsplatz beim Weser-Kurier geht, wird er an die leere Stelle oben rechts die Meldung „Jürgen Koerth zu Radio Bremen?“ setzen. Daß der Redakteur im dazugehörigen Artikel schreiben muß, die Findungskommission sei ganz im Gegenteil noch weit entfernt von einer Entscheidung, daß er den RB-Sprecher zitieren muß mit der Bemerkung, diese Meldung sei eine „wilde Spekulation“, macht da nichts. Hauptsache, der Alptraum ist vorbei. Hauptsache, der weiße Fleck ist weg.

Nur zwei Wochen später, wir schreiben den 7. Juni, ist es wieder so weit: der Fleck grinst. Wieder kreisen die Kreise. Und schon am nächsten Tag steht im Weser-Kurier dort, wo sonst nur Leere gewesen wäre, daß aus gut informierten Kreisen verlaute, am nächsten Wochenende werde entweder Koerth oder NDR-Funkhauschef Gerd Schneider das Rennen um die Intendanz machen.

Die Rundfunkratsvorsitzende Roswitha Erlewein jedoch weiß davon nichts. Im Gegenteil. Am Wochenende, sagt sie, werde die Entscheidung wegen der laufenden Koalitionsverhandlungen garantiert nicht fallen. Und daß nur Koerth oder Schneider in Frage kämen, könne sie auch nicht bestätigen.

Die Lage ist völlig klar: Schneider hat seine Kandidatur längst zurückgezogen. Koerth, nur dritte Wahl, kommt gar nicht in Frage. Und RB-Intendant wird ein ganz anderer, nämlich der Kieler NDR-Funkhauschef Friedrich Wilhelm Kramer. Woher ich das alles weiß? Natürlich aus gut informierten Kreisen, grüßt Sie Ihre alptraumgeplagte Rosi Roland