Mit dem Dummy durch die Stadt

■ Stadträder im Test: Die meisten wurden als gut eingestuft – doch eine glatte 2,0 verteilte die Stiftung Warentest nur an zwei Modelle

Was der Stiftung Warentest in die Hände fällt, wird in der Regel scharf unter Lupe genommen. Und vorher härtesten Belastungen ausgesetzt. So auch die 16 City-Bikes, die kürzlich im Labor auf Holperstege gestellt wurden und unter Duschen ihr Naßbremsverhalten unter Beweis stellen mußten. Geradelt wurde auch: Zwei Frauen und fünf Männer waren als Tester unterwegs, im Stadtverkehr wie auf abseitigen Pisten, angeblich nicht nur bei Tage, sondern auch nachts. Es könnte gut sein, daß die Testfahrer ab und zu mit schrägen Blicken bedacht wurden: Auf etlichen Kilometern hatten sie einen seltsamen Fahrgast zu transportieren – einen zehn Kilo schweren Dummy im Kindersitz.

Keines der Testfahrzeuge war gefedert, aber alle waren mit Siebengang-Nabenschaltung ausgestattet und dazu mit Damen- oder Unisex-Rahmen, wie er derzeit bei Stadträdern en vogue ist. Diese oberrohrfreie Konstruktion erleichtert das Auf- und Absteigen und hilft – wie einige Hersteller ganz unverblümt sagen – auch noch der Generation „50 plus“ aufs Fahrrad. Stabilität war indes von der stangenlosen Rahmenform bisher weniger zu erwarten – die nach oben offene Bauweise begünstigt nun mal schwammiges Fahrverhalten. Dank Oversized-Rohren und auch Winkelverstärkungen hat dieser Lehrsatz allerdings nur noch eingeschränkte Gültigkeit. Auch die Stiftung Warentest stellt fest, daß den neuen Stadträdern „weitgehend die ehedem gefürchtete Flatterhaftigkeit abgewöhnt“ worden ist. „Selbst beladen mit Gepäck oder einem Kind im Kindersitz halten sie die Spur und bleiben hinreichend stabil.“

Aber Unterschiede gibt es schon. So können sich jetzt zwar elf der 16 Hersteller ein „Gut“ ans Rahmenrohr kleben, doch eine glatte 2,0 erreichten lediglich zwei Hersteller (die Fahrradmanufaktur Bremen mit ihrem Modell S 200 und Epple mit Alouette). Das S 200 erhielt zudem in der Kategorie „Ausstattung / Technische Merkmale“ die Bestnote. Es wird präsentiert als „das Luxusmodell“, das dennoch „viel Gepäck (30 Kilo hinten)“ verkrafte. Es hat halt einen belastbaren Gepäckträger (Pletscher Athlete System), und als Gestänge hat sich sein Konstrukteur einen Zentralrohrrahmen aus Crommolybdän ausgedacht. So etwas ist leicht, dennoch stabil und sieht auch noch nach Styling aus. Die Siebengangnabe (Sachs/SRAM) gilt als wartungsfrei, vorne leuchtet ein Halogen-Scheinwerfer, und hinten gibt's Licht auch beim Ampelstopp (Standrücklicht). Die Produzenten des Alouette, dem „bestes Fahrverhalten in der Stadt bescheinigt“ wird, haben sich schaltungsmäßig ebenfalls bei Sachs/SRAM bedient, beim Rahmen aber Aluminium bevorzugt. Auch preislich sind die beiden Sieger nicht weit entfernt: Das S 200 ist für 1.100 DM zu haben, fürs Alouette muß noch ein Hunderter draufgelegt werden.

Gefordert waren die Räder vor allem beim Kinder- beziehungsweise Dummytransport, doch lediglich Kildemoes Colibri erlebte hier ein Waterloo. Mangelhaft! Gesamtnote 3,7 und damit letzter Platz – und das bei einem Endverkaufspreis von 1.200 DM. Es gehört zusammen mit dem Epple-Fahrrad zu den teuersten im Testangebot. Unter den als gut eingestuften City-Bikes sind lediglich drei unter 1.000 DM zu haben. 800 DM kosten: Active Alu City, Biria Easy Boarding, Göricke Domino XS (jeweils 2,5). Das billigste unter den 16 ist das Prophete Alu Rex City, das ganze 600 DM kostet, dafür aber den zweifelhaften Titel „Durchschnittsrad zum Schnäppchenpreis“ verpaßt bekam (Note 2,8).

Doch auch bei teureren Stadträdern sollte man auf die Details achten. Auf dem Rollenprüfstand im Labor gingen an etlichen Laufrädern die Speichen zu Bruch, und manche Reifen konnten schon bald nicht mehr die Luft halten. Ebenfalls „ein unerfreuliches Bild boten wieder Lichtkabel und Bowdenzüge, die oft zu lang und abrißgefährdet herunterbaumelten“, so Stiftung Warentest.

Nicht zuletzt aufgrund ihrer bequemen Fahrweise (inklusive aufrechter Sitzposition) seien City-Bikes aber „maßgeschneidert für den Weg zur Arbeit, den Transport der Kinder in die Schule oder die Einkaufsfahrt zum Supermarkt“. Das ist vielleicht die wichtigste Allgemeinaussage. Und: Selbst für die „kleineren Ausflüge in die Umgebung sind sie meist ganz gut zu gebrauchen“. Anders ausgedrückt: Stadträder können auch hinter der Stadtgrenze noch benutzt werden. Sie sind auch fürs Dorf geeignet und sogar für den kleinen Landverkehr. Was man bei einem Fahrrad für tausend Mark und mehr wohl auch erwarten darf.

heda

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