Schmirgelglatte Flächen

■ 90 Prozent glatten Asphalt hatten die Veranstalter der dritten Inline-Skater-Nacht mitten in Osterholz versprochen / Rund 4.000 kamen zum nächtlichen Skate-Rave

“Eine Art Love-Parade in Bremen“, versprach Jens Heeren vom Veranstalter-Team. 4.000 sind gekommen – zum dritten Bremer Nachtskaten. Ohne Musik, aber auf acht Rollen sauste am Samstag ein mehrere hundert Meter langer Zug durch die Nacht: eine Skater-Parade durch Mahndorf und Osterholz.

Die Mahndorfer warten schon ungeduldig. Kleine Grüppchen haben sich am Straßenrand postiert. Einige tausend Skater – das mußte man einfach sehen. Besorgte Fragen unter den Wartenden: „Sind Sie schon losgefahren?“, unterhalten sich die neugierigen Schaulustigen auf dem Weg zum Einkaufszentrum am Weserpark. Kurz nach 23 Uhr fällt dort schließlich der entscheidende Startschuß. Von da ab ging es auf kleinen Gummirollen durch die nächtlichen, abgesperrten Straßen. Vom Weserpark zum Mahndorfer Bahnhof, hoch zur Züricher Straße und zurück. Die Erfüllung eines jeden Skater-Traums: freie Fahrt ohne Autobehinderung, superglatte Asphaltdecken, die für Skater sonst leider tabu sind. Und das alles zu einer Uhrzeit, in der getanzt oder geschlafen, aber eigentlich nicht geskatet wird.

Der ungewöhnliche Zeitpunkt, und das sonst verbotene Straßenterrain – „genau das macht das Nachtskaten so attraktiv“, weiß Jens Heeren. 4.000 Skater hat man jetzt in die Outskirts von Bremen gelockt – 500 mehr als beim letzten Mal. Das Konzept des „Happy Skater“ ging voll auf.

Polizeiwagen kündigen den Troß der Inliner an. Sie sichern die Kreuzungen. Zurufe und Applaus empfangen die Ersten in Mahndorf. Wartende Autofahrer gaffen. In den meisten anderen Stadtteilen bleibt es still. Kaum Zuschauer, wenn die Rollenkünstler mitternachtens durch die stillen Wohnviertel schnurren. Von jung bis alt sind alle dabei. Vom Profi, der sich elegant und flink durch die Masse windet, oder dem Hundehalter, der Rollen und Fifi gleichzeitig im Auge haben muß, bis zum Beginner, der hintendrein stackst.

Das enge Feld zersetzt sich schnell. Der Platz wird großzügig. Kaum Stürze. Und wenn, dann schnell wieder aufstehen. Bloß die Nächsten nicht behindern. Skater-Karambulagen vermeiden. Schlimme Verletzungen gibt es nicht. Viermal wird der Zug angehalten: Wenn der Abstand zwischen den Schnellen und den Langsamen zu groß wird. Und am Mahndorfer Bahnhof. Hier hatte ein durchfahrender Zug die Skater-Parade entzweit. Bis die Nachhut kommt, versuchen die Veranstalter schon mal La Olas einzuüben. Mit mäßigem Erfolg. Skater sind eben doch keine Fuballer.

Ampeln springen von Rot auf Grün, auf Rot, auf Grün, auf Rot. Einige hundert Meter lang ist der wartende Troß. Und noch immer rücken Skater nach. In lauer Sommerluft geht es über kleine dunkle Landstraßen, am Feld entlang, unter Blumen her, auf großen erleuchteten Ausfallstraßen weiter. Die Züricher Straße ist noch im Rohbau – so fühlt es sich zumindest an. Holper, Schuckel, Rollsplitt. Man muß sich ganz schön ins Zeug legen, um gegen den Rollwiderstand das Tempo zu halten. Dann geht es in die St. Gotthard Straße. Endlich. butterweicher Teer. Aufatmen. „Wie auf Eis“ kann man weiter sausen. 90 Prozent guten Asphalt hatten die Veranstalter versprochen. Nur die Züricher Straße fällt raus.

Diszipliniert und zügig geht es voran. Kein Eis- oder Pommesverkäufer zu sehen, der auf die Idee gekommen wäre, Erfrischungen feil zu bieten. Aber dafür gibt es ja Tankstellen. Hell erstrahlende Tempel für Durstige. Ohne Umschweife wird die Tanke zum Skate-In. Bierflaschen werden dutzendweise abgeschleppt. Einer wagt sich mit sechs Glasflaschen in den Hosentaschen zurück auf die Straße.

Die Stimmung wird ausgelassener. Die eine oder andere Flasche zerbricht. Nach anderthalb Stunden und gut zehn Kilometern ist das Ziel in Sicht: Einkaufszentrum Weserpark. Mit einer ravigen „After-Skate-Party“ geht der Sport-Event weiter. Musik für Rastlose und McDonald für hungrige Mäuler. Schmirgelglatte Parkplatzflächen laden ein zu Pirouetten und Rückwärts-Slalom. Nach der Pflicht kommt jetzt die Kür.

Weit nach ein Uhr nachts: Die Kilometer sitzen in den Knochen, Müdigkeit macht sich breit. Die meisten Skater packen die Sachen. Und fahren heim. Im Auto. Die Straßen gehören längst wieder den motorisierten Vier-Rädern. pipe