Die Passion der Perle

■ Die Vorschau: Live-Tonight: The late, great „Pearly Passion“

Lokale Bands spielen bis zur Ewigkeit in „Freizis“ und kommen nie über ihren eigenen Postleitzahlenbezirk hinaus, bevor sie sich als eine weitere Kneipenlegende in Wohlgefallen auflösen. Nicht aber „Pearly Passion“. Oder kann sich vielleicht jemand Kate Pearl, Bremens einzige Diva, beim Auftritt in einem Freizeitheim vorstellen ?

Nach „Moonraker“ gibt es nun ein neues Album. Neun von fünfzehn Stücken stammen aus der Feder des Duos Pearl & Paulsen. Tieffliegende Violinen und ein streichzartes Cello verstärken den perligen Sound, der sich um die klimperigen Keyboards des Kirchenmusikanten Nathan Paulsen wickelt. Es sind große Songs dabei, „St.Tropez Depression“ z.B., eine Jet-Set-Romanze, durchflutet von den Begebenheiten einer warmen Sommer-nacht. Perlenketten spiegeln sich in Sektgläsern, eine Brise zieht über die Cocktail-Gesellschaft und die Sehnsucht der Holly Golightly heult den Mond an. Bei fünf Songs zeichnet Greg Core für die Programmierung der Beats verantwortlich, einer der besten Schlagzeuger der Welt und auch bekannt dafür, mit Kate Pearl mal eine Band namens „Czech“ gehabt zu haben.

„You're marvellous, glamorous and great“, haucht es uns in „Wasp Sting“ entgegen. „Diese Liebeserklärung können sie gerne mal selbst benutzen“, heißt es dazu in den Liner-Notes. Tun wir mal so, als wäre dies eine interessante Großstadt, bevölkert von liebestollen, ausgehwütigen Singles, die in angesagte Gaststätten gehen, die ihnen von Stadtmagazinen dafür verkauft werden. Bei Cocktail und Zigaretten, die auch von „Rosenstolz“ geraucht werden, erzählt man sich interessante Biographien, sucht nach der anderen Person, um die Nacht irgendwie zu erschlagen, und meist bleibt nur ein dicker Schädel.

Wenn die Trompete zu einer grandiosen Cover-Version von „Jesus to a child“ einsetzt, versetzt es uns in die Interzone der Schönen und Reichen, eine nicht geographisch gebundene Hollywood-Traumwelt voller Agenten, die ihre Cocktails auf der Flucht trinken, während ein paar Italiener einen auf „Ole Blue Eyes“ heben und klagen, daß das Verbrechen auch nicht mehr dasselbe ist. „Pearly Passion“ verpacken all die süße Illusion mit feiner Ironie. Und wenn Kate Pearl die Stimme hebt, hält auch der letzte Grobian die Klappe, nimmt noch einen Schluck und fragt sich still, was wohl aus dem Mädchen wurde, mit dem der Grobian mal hinter der Turnhalle seiner alten Schule rumgeknutscht hat.

Anyway, „Pearly Passion“ treten heute in der „Blue Moon Bar“ auf. Etwas Besseres wird ihnen an diesem Montag nicht passieren..

Tommy „Ich hab noch einen Koffer hinter der Theke“ Blank

Heute abend, 21 Uhr, Blue Moon Bar im Jungen Theater