Unser technologisches Schicksal

Der leichtgläubige Umgang mit Chipkarten eröffnet Gefahren  ■ Von Eberhard Spohd

Thilo Weichert ist ein zuvorkommender Mensch. Der stellvertretende Datenschutzbeauftragte in Schleswig-Holstein hatte ein Chipkartenlesegerät mitgebracht, mit dem jeder Besucher einmal selbst überprüfen konnte, welche Daten eigentlich auf seiner Krankenkassenkarte gespeichert sind. Fast alle TeilnehmerInnen der gestrigen Tagung „Datenschutz bei Chipkarten“ in der Handelskammer nutzten dieses Angebot.

„Chipkarten sind unser technologisches Schicksal“, stellte auch der Vorsitzende der veranstaltenden Hamburger Datenschutzgesellschaft, Ivo Geis, zu Beginn fest. Telefonkarten, electronic cash, Betriebsausweise, in immer mehr Bereiche unseres Lebens schleichen sich die Plastikkarten als Identifikations- und Zahlungsmittel.

Immer mehr Information wird mit ihnen übermittelt. Um so wichtiger wird die Aufgabe, die Einführung technisch und rechtlich zu sichern. „Die bisherige Regelung ist eigentlich banal“, erläuterte Weichert. Drei Anforderungen werden an die Anbieter chipkartengesteuerter Dienstleistungen gestellt: Der Kunde muß über die gespeicherten Informationen informiert werden, ihm muß die Wahl gelassen werden zwischen Chipkarte und herkömmlicher Registriermethode, und er muß seine schriftliche Einwilligung in das Verfahren geben.

Die wichtigste Frage aber ist: Wer kann auf die gespeicherten Informationen zurückgreifen? „Dies ist nicht unbedingt ein Problem der Karte, sondern der Peripherie“, erklärt Weichert. Die Technologie erfordert eine Vernetzung von Rechnern. Jeder Anbieter muß daher transparent machen, welche Daten er abruft und welche er speichert.

Während für den Kunden die Bequemlichkeit im Vordergrund steht, wollen die Anbieter mit den Karten verdienen. Die Kurverwaltung auf Rügen führt zum Beispiel zur Zeit ein Pilotprojekt durch. Die BesucherInnen der Insel können per Karte vergünstigt auf touristische Angebote zurückgreifen – und zahlen auf jeden Fall ihre Kurtaxe.

Auch die Universität Hamburg arbeitet an der eigenen Karte. Ab dem Wintersemester bekommen rund 5000 StudentInnen ihre eigene Karte, die als einzige Information die Matrikelnummer enthält. Der Trick: Die Hamburger Sparkasse rüstet die UniHamburgCard umsonst mit einem kontoungebundenen Geldchip aus. Vorerst melden die Studis nur per Karte zurück und nutzen sie als Nachweis des Semestertickets. Längerfristig sollen sie aber auch Klausurergebnisse abrufen, in der Mensa bezahlen oder Bibliotheken nutzen können.

Wie wichtig die Sicherung und vor allem die vernünftige Handhabung von Chipkarten ist, demonstrierte Thilo Weichert gleich praktisch. Nachdem die TeilnehmerInnen interessiert mit ihrer Krankenkassenkarte experimentiert hatten, eröffnete er, daß alle Daten jetzt in dem kleinen Apparat gespeichert waren – dank der Leichtgläubigkeit der Anwesenden. „Aber ich schwöre“, warb er für Vertrauen, „daß ich alles wieder löschen werde“.