Protofaschistische Slacker

■ Vom Siechtum der urbanen Jugend: Die australische Ranters Theatre Company mit ihrem Stück „Features Of Blown Youth“

Die protofaschistische Jugend vegetiert wohngemeinschaftlich auf verschiedenen Ebenen. Jeder Hängeboden eine offene Zelle, in deren Zentrum ein Bett steht zum Schlafen, Vögeln, Kiffen. Auch wenn halsbrecherische Treppchen und Brücklein die Zellen miteinander verbinden, auch wenn Schlafen, Vögeln und Kiffen angelegentlich kommunikative Tätigkeiten sein mögen: Über ihren Bewohnern lasten die düsteren Spätfolgen von Kapitalismus und Aufklärung. Dan Potras Bühnenbild spiegelt getreulich, was es über „Features Of Blown Youth“ zu sagen gibt. Löcher, Schwüle, Einsamkeit, beliebig zusammengestoppelte und vermüllte Identitäten, die traurig in der Luft hängen, geerdet allenfalls durch Kühlschrank und TV-Geräte – so metaphert es einem aus dem comichaften Turmaufriß einer WG mit lauter Twentysomethings entgegen.

Und die deutsche Städterin muß nicht verstehen, um zu ahnen, was der australische Mitbewohner großspurig prophezeit: „We're all evolvin inta big dicks an cunts mate. That's the fuckin progress of civilization I'm tellin ya.“ Die Wohnung mutiert zur Puffgemeinschaft, die Apokalypse klopft an die Tür und heißt bei den Gebrüdern Raimondo (Text) und Adriano (Regie) Cortese Faschismus. Es irritiert ein wenig, daß einige Szenen aus „Features“ sich nahezu komplett mit Ravenhills „Shoppen und Ficken“ decken. Der halbseidene Drahtzieher, der den Freundeskreis für seine unsauberen Zwecke manipuliert, der Strichjunge im „Exploited“-Shirt, der seinen Arsch hinhalten muß, wenn er nicht grade selber austeilt, tagtägliche Prostitution, Drogen und Gewalt: Die urbane Jugend siecht, so scheint's, an einer internationalen Krankheit, die sie sich selbst in zynischen Tönen attestiert.

Um so mehr sperrt sich die Inszenierung der Ranters Theatre Company gegen mitteleuropäische Erwartungen an Regie und Ästhetik. Schon dagewesen, denkt man arrogant. Und nimmt – konsterniert ob der eigenen, wohl schwer abgebrühten Wahrnehmung – zur Kenntnis, daß die Gruppe ihr australisches Publikum provoziert und in emotionalen Taumel versetzt.

Dennoch würde man den Cortese-Brüdern gern ein theatrales Dogma antragen. Denn der „epische Hyperrealismus“ von „non-stylized“ Schauspiel, Sprache und Requisiten ist eigentlich nur konventioneller Realismus. Er verschanzt das Sozialdrama hinter der berühmten vierten Wand zwischen Bühne und Zuschauerraum, der vom Fernsehen gecoverten Mattscheibe. Dahinter flimmert fremdes Leben als zoologisches Panorama vorüber. Eva Behrendt