Das Kartellamt zeigt der Bewag die gelbe Karte

■ Stromversorger ist zur Durchleitung von Importstrom verpflichtet, schreibt die Wettbewerbsbehörde. Technische Argumente gegen die Liberalisierung erkennt sie nicht an

Das Bundeskartellamt hat dem Energieversorger Bewag die gelbe Karte gezeigt. Am Montag nachmittag ging in der Bewag-Hauptverwaltung in Treptow ein Brief ein, in dem die Behörde das Unternehmen darauf hinweist, daß es seine Konkurrenten nicht diskriminieren dürfe.

Der Berliner Energieversorger weigert sich im Widerspruch zum bundesweiten Energiegesetz, Strom von anderen Herstellern durch seine Leitungen zu den VerbraucherInnen zu leiten.

Das gehe so nicht weiter, meint das Kartellamt, dessen Aufgabe in der Durchsetzung des freien Marktes besteht. Angesichts der Liberalisierung der Energieversorgung in Europa müsse die Bewag unter anderem Strom der Konzerne Energie Baden-Württemberg und RWE transportieren, die mit dem Abgeordnetenhaus und Daimler-Benz unlängst Lieferverträge abgeschlossen haben. Auch ökologische Stromlieferanten außerhalb der Stadt bekämen dann die Chance, ihre Energie in Berlin zu verkaufen.

Das Kartellamt hegt in seiner Abmahnung erhebliche Zweifel, ob die Argumente der Bewag gegen die Durchleitung fremden Stroms stichhaltig sind. Das Unternehmen beruft sich auf technische Einschränkungen: Da es zur Zeit nur eine 380-Kilovolt-Leitung von Berlin nach Westdeutschland gebe, könne die Bewag nur eine kleine Menge Importenergie in die Stadt lassen. Denn für den eventuellen Ausfall die Lieferungen müsse man eigene ausreichende Ersatzkapazitäten zur Verfügung haben. Die Obergrenze dafür sei aber bereits erreicht, erklärt der Versorger. Erst mit dem Bau einer weiteren Stromtrasse nach Westen Anfang 2001 würden nach Ansicht der Bewag auch weitere Durchleitungen und damit auch weitere Ersatzlieferungen möglich.

Das stuft das Kartellamt offenbar als Schutzbehauptung ein. Bei der heutigen Anhörung im Kartellamt, zu deren Vorbereitung die Abmahnung diente, wollen die Wettbewerbschützer auch die technische Seite der Liberalisierung beleuchten und die Argumente des Stromversorgers relativieren.

Nach der Anhörung hat die Bewag bis zum 1. Juli Zeit, sich schriftlich zu äußern. Dann fällt das Kartellamt einen Beschluß, der die Stromdurchleitung vermutlich erzwingt.

Dagegen kann die Bewag vor dem Kammergericht und schließlich beim Bundesgerichtshof Widerspruch einlegen. Wann Konkurrenten von außen tatsächlich zum ersten Mal ihre Energie nach Berlin schicken und dafür auch kassieren dürfen, steht somit noch in den Sternen. Das Kartellamt könnte die Stromliberalisierung dadurch beschleunigen, daß es den sofortigen Vollzug anordnet. Hannes Koch