Unterm Strich

Der Dichter Karl Krolow ist am Montag nachmittag im Alter von 84 Jahren nach langer Krankheit in einem Krankenhaus in Darmstadt gestorben. Karl Krolow zählt neben Ingeborg Bachmann, Paul Celan, Hans Magnus Enzensberger und Marie Luise Kaschnitz zu den bedeutendsten deutschen Nachkriegslyrikern. 1956 erhielt er den Georg-Büchner-Preis. Dennoch schreibt Rolf Paulsen in der edition text und kritik: „Seine Kunst, seine Integrität, sein Humanismus im weitesten Sinne wurden nie ernsthaft in Frage gestellt, Aufsätze und Dissertationen wurden verfaßt, und doch muß man fragen, ob nicht die von ihm kultivierte Unauffälligkeit und Zurückhaltung eine wirklich fundierte Würdigung seiner Lyrik in allen Aspekten bisher verhindert hat.“

Als sein erstes Gedicht veröffentlicht wurde, war Karl Krolow 25 Jahre alt. Seit 1942 brachte er in nahezu regelmäßigen Abständen von zwei Jahren seine Lyrikbände heraus. Aber Krolow schrieb auch Prosa – seine bekanntesten Werke sind „Das andere Leben“ (1979), „Im Gehen“ (1981) und „Melanie“ (1983) – Feuilletons und Kulturkritiken für die führenden deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften und für den Rundfunk. Ruhm erwarb er sich auch mit seinen Nachdichtungen aus fünf Jahrhunderten französischer Lyrik, die 1948 bis 1950 herauskamen, darunter „Bestiarium“ von Apollinaire und Gedichte von Paul Verlaine.

Krolows Gedichte bis Anfang der 50er Jahre waren nach Meinung der Fachkritik noch beeinflußt von der Naturlyrik. Als Zäsur gilt sein 1959 erschienener Band „Fremde Körper“. Seitdem spricht die Kritik übereinstimmend von „poetischen Lakonismus“. Mit den Bänden „Herbstsonett mit Hegel“ (1981) und „Zwischen Null und Unendlich“ (1982) kehrte Krolow zu Reim, Sonett und Volksliedton zurück – und zum Ich.