„Sie hatte keine Chance“

■ Zweifache Vergewaltigung und schwere Körperverletzung: Seit gestern steht ein 26jähriger vor dem Hamburger Landgericht

Verletzte Eitelkeit, ein paar Nasen Koks und Alkohol – der 26jährige Mustafa K. führte einiges ins Feld, um sein brutales Verbrechen zu erklären. Wegen zweifacher Vergewaltigung und schwerer Körperverletzung muß sich der Familienvater seit gestern vor dem Hamburger Landgericht verantworten. Sein 27jähriger Freund Oezcan T. ist der Beihilfe angeklagt.

Zunächst war der Prozeß im Mai vor dem Harburger Amtsgericht verhandelt worden. Doch als die 25jährige Ewa N. die Torturen der Nacht zum 7. Dezember 1998 schilderte, brach die Richterin ab und leitete das Verfahren an die höhere Instanz weiter – sie hätte den Angeklagten zu höchstens vier Jahren Gefängnis verurteilen dürfen. Gestern nun, vor dem Landgericht, legte Mustafa K. erstmals ein weitgehendes Geständnis ab.

Eigentlich sei es sein Freund Oezcan T. gewesen, der Ewa N. und ihre Freundin im Szenetreff „Pupasch“ im Koks- und Alkoholrausch angebaggert hätte. Die beiden Frauen hätten zwar das Angebot der Männer angenommen, sie nach Hause zu fahren, während der Fahrt aber deutlich signalisiert, die beiden später nicht „zu einem Kaffee mit nach oben“ nehmen zu wollen. Da nahm Mustafa K. Kurs Richtung Elbbrücken. „Ich fühlte mich verletzt“, sagte er gestern.

Ewa N. ahnte, was ihr bevorstehen könnte. „Wollt ihr uns vergewaltigen?“, habe sie gewimmert und sei daraufhin ins Gesicht geschlagen worden. Dann fuhr Mustafa K. auf einen abgelegenen Feldweg in Allermöhe, zerrte sie aus dem Wagen und verprügelte sie. „Ich wollte Sex“, gab er gestern zu, doch sie habe sich gewehrt. Die Freundin, die dazwischengehen wollte, stieß er in einen zugefrorenen Teich, wo sie ins Eis einbrach. Mustafa K. zog sie wieder heraus, zerrte dann Ewa N. in den Kleinlaster und vergewaltigte sie. Versuche der 25jährigen, ihn abzuhalten – sie habe Aids und würde es ihm „anders besorgen“ – waren vergeblich. „Sie hatte keine Chance“, gestand der Angeklagte.

Danach ging es von Allermöhe an die Elbe, wo er erneut über die zierliche Frau herfiel, sie prügelte, mit dem Kopf gegen den Wagen stieß, zu Boden warf und ein zweites Mal vergewaltigte. Ewa N. wehrte sich nicht mehr. „Sie hatte viel zu sehr Angst“, sagte Mustafa K., „sie zitterte am ganzen Körper.“ Oezcan T. beobachtete mehr oder weniger alles, griff aber nicht ein. Ewa N.s asthmakranke, völlig durchnäßte Freundin war zeitweilig besinnungslos. Als die beiden Männer einmal nicht aufpaßten, gelang den Frauen schließlich die Flucht.

Unter Ausschluß der Öffentlichkeit – begeleitet von einer Notruffrau und mittlerweile im Zeugenschutzprogramm – schilderte gestern auch Ewa N. ihre Version der Ereignisse. Die Große Strafkammer 31 – besetzt mit zwei Richterinnen unter dem Vorsitz von Hans Runge – ließ schon jetzt erkennen, daß sie die stundenlange, zweifache Vergewaltigung nicht auf eine Koksrausch-Tat reduzieren wird.

Der Prozeß wird am 2. Juli fortgesetzt. Magda Schneider