Nowitzki bekommt Energieschübe

■ Nach dem Erreichen der EM-Zwischenrunde hoffen die deutschen Basketballer auf mehr – ein Ticket nach Sydney

Dijon (taz) – Eigentlich haben die deutschen Basketballer gerade erst ihr Minimalziel erreicht. Doch:„Wir haben schon mehr gewonnen als bei den beiden letzten Europameisterschaften zusammen“, frohlockte Wolfgang Brenscheidt, Sportdirektor des Deutschen Basketball Bundes (DBB), und meinte damit nicht nur die beiden Siege gegen Griechenland (59:58) und Tschechien (77:68) in Dijon. Sie sorgen für eine gute Ausgangsposition für die an Sonnabend in Le Mans beginnende Zwischenrunde der besten zwölf Teams. Allerdings braucht die deutsche Mannschaft in ihrer Sechsergruppe noch mindestens einen weiteren Erfolg, um das Viertelfinale in Paris zu erreichen. In der Hauptstadt werden dann die sechs Olympiatickets für Sydney vergeben – das Traumziel der jungen Mannschaft.

Diese hat in Dijon auch eine Menge Zusammenhalt, Selbstvertrauen und somit Perspektive gewonnen. Von Tag zu Tag war eine Leistungssteigerung erkennbar, und selbst bei der Niederlage gegen den Titelfavoriten Litauen (74:84) schien ein Sieg möglich. Bundestrainer Henrik Dettmann meisterte bei seiner ersten EM mit der deutschen Mannschaft die schwierige Aufgabe, allen zwölf Spielern, die wegen vieler Verletzungen keine gemeinsame Vorbereitungsphase gespielt hatten, so viel Einsatzzeiten zu geben, daß er die Begeisterungsfähigkeit aufrechterhielt. Auch wenn das häufige Durchwechseln nicht immer zielstrebig wirkte, im dritten Spiel wurde Dettmanns Taktik bestätigt. Während dem Überraschungsteam aus Tschechien die Puste ausging, drehten die Deutschen in der für sie entscheidenden Partie körperlich frisch und hoch konzentriert auf. Der finnische Coach dürfte, unabhängig vom weiteren Turnierverlauf, auch seine nähere Zukunft gesichert haben. „Wir wären ja blöd, wenn wir seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern würden“, verkündete jedenfalls DBB-Vizepräsident Wolfgang Hilgert.

Der entscheidende Mann auf dem Platz war bisher NBA-Profi Dirk Nowitzki (21), der nach seiner Nasenoperation im Vorfeld der EM, fehlendem Training im Mannschaftskreis und gerade mal acht Länderspielen vor dem EM eine Führungsrolle zunächst von sich gewiesen hatte, war der konstante Faktor im deutschen Spiel. Der Würzburger trat nicht nur als bester Punktesammler (im Schnitt 20 Zähler in 30 Minuten Einsatzzeit) auf, er war vor allem immer dann zur Stelle, wenn sonst nicht viel lief, hielt seine Mannschaft mit Dreiern oder Einzelaktionen im Spiel oder führte sie, wie gegen Griechenland in der Schlußphase, wieder heran. „So Energieschübe“, beschreibt Nowitzki diese Serien, „aber das kann ich nicht immer, dann muß ich auch mal wieder ganz normal rumpassen.“

Für den 2,11 Meter großen Flügelspieler, der von seiner starken Form selbst am meisten überrascht war, liegt der große Trumpf der Mannschaft trotz seiner eigenen starken Rolle in ihrer Leistungsdichte. „Bei uns kann der zwölfte Mann so spielen wie einer aus der ersten Fünf“, sagt Nowitzki und wurde vom starken Auftritt Denis Wucherers gegen Litauen bestätigt, der in der ersten Partie nicht zum Einsatz gekommen war. Ihre Tiefe müssen die deutschen Korbjäger in Le Mans – gegen Vizeeuropameister Italien, die überraschend starken Türken und Kroatien – auch notgedrungen beweisen. Denn Kapitän Henrik Rödl erlitt beim Kampf um den Ball gegen den Tschechen Jiri Okac einen Kieferbruch und eine Gehirnerschüttung und ist bereits nach Berlin heimgekehrt. „Ein herber Verlust für uns“, weiß Nowitzki, will sich aber dennoch nicht die Zuversicht rauben lassen. „Wenn wir so stark verteidigen wie gegen Tschechien, können wir jeden Gegner schlagen.“ Ute Berndt