Ökostrom für Kleinsparer

Zinsen und ein gutes Gewissen: Beteiligungen an Solaranlagen sind eine Alternative zum Wechsel des Stromlieferanten  ■ Von Gernot Knödler

Die Finger vom Atomstrom zu lassen ist kein Problem mehr, seit sich jeder Tarifkunde aussuchen kann, von welcher Firma er beliefert werden möchte. Davor hatte sich manch einer entschieden, selbst ein sauberes kleines Kraftwerk zu bauen oder sich daran zu beteiligen. Für Leute, die ein solches Projekt unterstützen wollen, aber nur wenig Geld aufbringen können und das unternehmerische Risiko gerne vermeiden würden, gibt es jetzt sogar ein „Ökostrom-Sparbuch“, das so verzinst wird, wie das Sparbuch bei der Bank.

Mit dem Ökostrom-Sparbuch „Wi mookt Watt!“ versucht sich die Solaranlagen-Betreibergemeinschaft „So-Watt!“ zu refinanzieren. In der Brachvogel-Siedlung in Schnelsen betreibt sie die angeblich „größte dachintegrierte Anlage in Hamburg“; Kostenpunkt: rund 200.000 Mark. 74.500 Mark haben die Gesellschafter selbst aufgebracht, der Rest stammt aus einem billigen Darlehen von Privatleuten, wie Irmhild Kopfermann von So-Watt! berichtet. Um diesen Kredit zu tilgen, ist „Wi mookt Watt!“ ins Leben gerufen worden.

„Es kommt darauf an, daß wir mehr Ökostrom erzeugen und damit dreckigen Strom verdrängen“, sagt Kopfermann. „Die Leute, die uns ihr Geld geben, ermöglichen damit die Erzeugung.“ Im Unterschied zu den Gesellschaftern, die einmalig mindestens 500 Mark in die Brachvogel-Solaranlage investieren mußten, können auf das Sparbuch auch kleine Beträge eingezahlt und im Rahmen der üblichen Kündigungsfrist von drei Monaten wieder abgehoben werden.

„Wir leihen nur soviel Geld, wie in bestehende Anlagen investiert ist“, verspricht Kopfermann. Mehr Geld würde die Betreibergemeinschaft nur aufnehmen, wenn neue Anlagen errichtet würden. Auf diese Weise kann jede SparerIn sicher sein, daß ihr Geld für eine bestimmte Kilowattzahl installierter Stromleistung steht. Neben den Zinsen gibt's „ideell ein paar Kilowattstunden im Jahr“, sagt Irmhild Kopfermann.

Wieviele es genau waren, das soll jedem Sparer einmal jährlich mitgeteilt werden. Trotzdem muß sich der Ökostrom-Sparer genau wie der Kunde eines Ökostrom-Anbieters in der Phantasie ausmalen, es käme bei ihm grüner Strom aus der Steckdose. Sein Vorteil: Er kennt die Anlage, die er mitfinanziert, und er kriegt Zinsen.

„Leute, die Umweltschäden verhüten, sollen nicht durch eine höhere Stromrechnung draufzahlen“, findet die Solarstrom-Aktivistin Kopfermann. Für das Ökostrom-Sparbuch hat sie deshalb zusammen mit ihren MitstreiterInnen den Sonnenstrom um den profitableren Strom aus Wasserkraft ergänzt. Bei einem 20:80-Mix bieten sie derzeit zweieinhalb Prozent Zinsen an.

„Photovoltaik ist nach wie vor die teuerste Art der Stromerzeugung“, bestätigt Detlef Hübener, der zusammen mit Freunden eine Solaranlage in der Sierichstraße installiert hat. Trotz Förderung durch die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) erwartet Hübener nicht, mit seiner Anlage Gewinn zu machen. „Ziel ist es, daß wir auf jeden Fall plusminus Null rauskommen“, sagt er.

Gut 30.000 Mark Zuschuß gaben die HEW, die den Strom zu einem kostendeckenden Preis kaufen. Weitere gut 30.000 Mark haben Hübener und sechs weitere Gesellschafter investiert – um etwas für die Umwelt zu tun. Und weil es sie, wie Hübener sagt, gereizt hat, „das einfach mal zu machen“.

Beide Initiativen suchen geeignete Dächer für neue Anlagen. So-Watt! ist unter Tel.: 559 70-230 zu erreichen.