Innenminister Schily läßt gewaltsame Abschiebungen wieder zu

■ „Neue Vorschriften“: Bundesgrenzschutz darf bei abgelehnten Asylbewerbern wieder zulangen

Berlin (taz) – Bundesinnenminister Otto Schily hat den Stopp der gewaltsamen Abschiebung abgelehnter Asylbewerber wiederaufgehoben. Ab heute darf der Bundesgrenzschutz (BGS) alle, die sich wehren, mit Gewalt ins Flugzeug stecken. Noch vor zwei Tagen hatte ein Ministeriumssprecher gegenüber der taz versichert, es werde erst dann wieder gewaltsam abgeschoben, wenn die Umstände des Todes von Aamir Ageeb geklärt seien. Der Sudanese war vor einem Monat bei der Abschiebung gestorben. Dem Ministerium liegt jedoch noch nicht einmal der Obduktionsbericht vor.

Schily teilte mit, daß es jetzt neue Vorschriften für das Verhalten des BGS gebe. Nach einer Fachkonferenz habe man festgelegt, daß in Zukunft bei der Anwendung von Gewalt „eine unbeeinträchtigte Atmung“ gewährleistet sein müsse.

In Nürnberg muß der Sudanese Abdallah zunächst nicht mit dem Abtransport zum Flughafen rechnen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat seine geplante Abschiebung auf unbestimmte Zeit verschoben. „Der Senat hat ernsthafte Zweifel an der Annahme des Verwaltungsgerichts, daß der Antragsteller derzeit reisefähig ist“, hieß es in der Begründung. Abdallah sitzt seit elf Monaten in Abschiebehaft. Im Bezirkskrankenhaus Ansbach hatte man den Sudanesen zunächst wochenlang ohne Dolmetscher befragt. Eine Mitarbeiterin der Initiative „Freie Flüchtlingsstadt Nürnberg“ berichtet: „Abdallah weinte, fühlte sich verfolgt und hörte Stimmen.“ Ein Psychologe bezeichnete ihn als „haftunfähig“.

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