Victims de la mode

■ Vom femininen Körperkult bis zum androgynen Schabernack –Philosophie und Performance bei der Langen Nacht der Mode

„Ich ziehe an, was mir gefällt.“ Ein oft gehörter Satz, der sich bei genauerem Hinsehen als Farce erweist. Sich ganz und gar einem modischen Lebensgefühl zu entziehen, ist unmöglich. Unmerklich ändert sich der eigene Geschmack durch das Angebot, die Sehgewohnheiten passen sich dem Massenverhalten an oder konterkarieren bewußt: Schulterpolster, Schlaghosen, Polyesterblusen, nach unten verrutschte Taillen und in den Kniekehlen hängende XXL-Jeans künden von sich ändernden Vorlieben.

Aber natürlich steckt unter dem Deckmäntelchen der Kleider noch viel mehr. Die Autorin des Buches Mode nach der Mode, Barbara Vinken, sieht in der heutigen Kleidung eher Verkleidung, nämlich die des Geschlechts. In ihrem Vortrag Hyperfetischismus: Mode und Geschlecht geht sie dem Reiz der täglichen Mode-Travestie nach.

Und die Philosophin Gisela von Wysocki stellt neue Synthesen von Körper und Kleid fest: Die Grenzen zwischen Mode, Kunst und Philosophie sind durchlässig geworden. Paul Virilio sprach bereits davon, daß der menschliche Körper im Gleichklang mit der Maschine zu vibrieren beginne. Make-Up, Stoffe und Entwürfe unterwerfen sich im gleiche Maße einer technologischen Entwicklung. Körperkunst und Zukunftskörper ist von Wysockis Thema.

Ist erst das theoretische Fundament gegossen, folgt hemmungslos die Praxis: Dann performen die acht Frauen der Hamburger Gruppe She She Pop. Ihr She zieht She Pop an ist eine Collage – Mode als Zeichensystem, als Kunstform, als Rollenspiel, als politisches Statement und als Theater. Wie Anziehpuppen häuten sich sie Mädels, wechseln Identitäten wie die Hemden. So wird sich zeigen, was passiert, wenn Modetrends ihre Codes wechseln und wenn Catwalk-Models anfangen, den Mund aufzumachen.

Ob Sie, verehrte LeserIn, wohl den Mut haben, als „Glam-Queen“, im „Millenium-Style“ oder im „(Anti-)Military-Look“ zum Fashion-Event im Rahmen der Hammoniale aufzukreuzen? Wir hoffen es. Stefanie Heim

heute und morgen, 20 Uhr, Literaturhaus Hamburg, Schwanenwik