„Wir dürfen das Erreichte nicht verlieren“

■ Wissenschaftlerinnen debattierten über den Stand der Frauenforschung an der FU

Im Sitzungssaal der Freien Universität (FU) waren am Samstag dreizehn Frauenporträts von Nobelpreisträgerinnen an die Wand gepinnt – quasi als Vorbilder für die rund 35 Wissenschaftlerinnen, die sich zusammengefunden hatten, um über den gegenwärtigen Stand der Frauen- und Geschlechterforschung an der FU zu diskutieren.

Seit die Frauenforschung vor dreißig Jahren an den deutschen Universitäten ihren Anfang nahm, ist die FU bekannt dafür, diesen Bereich besonders zu fördern. Dennoch wurde während des Kolloquiums deutlich, daß auch dort vieles noch nicht erreicht worden ist – und möglicherweise auch Rückschritte zu befürchten sind .

Die Vorkämpferinnen an der FU wollten, daß die Frauenforschung in allen Fachbereichen eine Selbstverständlichkeit werden sollte. Deshalb wurde nicht, wie an anderen Universitäten, ein besonderer Studiengang eingerichtet. Das Ziel ist jedoch nicht erreicht worden, wie Hilge Landweer vom Institut für Philosophie an ihrem Fachbereich deutlich machte. Sie kritisierte, daß die feministische Philosphie von der traditionellen Philosophie immer noch ignoriert werde: „Wer in Philosophie Karriere machen will, sollte sich nicht mit Fragen des Geschlechts beschäftigen, denn damit disqualifiziert er sich aus der Sicht des Fachs.“

Angesichts der schlechten finanziellen Lage der Universität befürchten die Wissenschaftlerinnen, daß die Frauenforschung an der FU durch zu erwartende Kürzungen Einschränkungen hinnehmen muß. Nach Ansicht von Anita Runge von der „Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung“ mache es die dezentrale Organisation besonders schwer, sich gegen den Rotstift zu behaupten: „Die Verteilungskämpfe an der Universität werden schärfer“, sagte sie. „Wir dürfen das Erreichte nicht verlieren.“

Mechthild Korueber, die Frauenbeauftragte der FU, bemängelte, daß die Öffentlichkeit zuwenig über die Frauenforschung wisse: „Als ich selbst Studentin an der FU war, habe ich auch 'gender studies‘ studiert, ohne daß es diesen Begriff gab. Wir haben an der FU ein großes Angebot, aber es ist nicht sichtbar genug nach außen.“ Die Frauen an der FU wollen deshalb aktiv werden, bevor es zu spät ist. Denn wer in der Öffentlichkeit präsent ist und regelmäßig seine Arbeiten publik macht, dem kann man nicht ohne weiteres mit Kürzungen drohen.

Erste Überlegungen dazu stellten die Forscherinnen während des Kolloquiums an: Eine Gastprofessur und ein Graduiertenkolleg zur Frauenforschung sollen ins Leben gerufen werden. Auf den Internetseiten der FU soll der Forschungsbereich zukünftig einen Schwerpunkt erhalten. Und es soll weitere Kolloquien zum Stand der Frauenforschung geben. Beim nächsten Kolloquium sollen auch die Studentinnen dabeisein, denn schließlich können Lösungen nur mit ihnen gemeinsam entworfen werden. Julia Weidenbach