piwik no script img

Spiel ohne Grenzen

■ Legende des New-School-HipHop back in business: Die Jungle Brothers im Pfefferberg

Manchmal gibt es selbst im hartherzigen Musikbusineß so was wie Gerechtigkeit. Schaltet man sich in diesen Tagen durch die Musikkanäle, begegnet einem mit Sicherheit der Clip einer HipHop-Gruppe, die man als allerletztes in der Dauerrotation von MTV oder Viva erwartet hätte: „V.I.P“ von den Jungle Brothers. Produziert von dem englischen BigBeat-Spezialisten Alex Gifford (Propellerheads), klingt „V.I.P.“ zwar eher nach großen Pop-Wumm als nach sophisticated HipHop.

Doch der Zweck heiligt die Mittel – endlich ein auch in Münzen zählbarer Erfolg für eine der stilprägendsten HipHop-Gruppen des letzten Jahrzehnts. Was das anbetrifft, sind die Jungle Brothers im Verlauf ihrer Karriere nämlich nicht gerade verwöhnt worden. Als sie Ende der Achtziger ihr Album „Straight Out Of Jungle“ veröffentlichten, öffneten sie damit auch Türen für andere Gruppen wie A Tribe Called Quest und De La Soul. Die heilige Dreieinigkeit der native tongues war geboren, HipHop bedeutete plötzlich nicht nur Goldketten, Gangsta-Rap und Sexgeprotze, sondern Flower-power, Verspieltheit und Open-mindedness.

Die Jungle Brothers produzierten das erste HipHop-House-Stück, verwandten Orgel-Samples, zitierten Iggy & The Stooges und schufen darüber hinaus ein neues Bewußtsein für die afrikanischen Wurzeln schwarzamerikanischer Kultur („The ghetto will be TransAfriKanedExpressed to the heavens, the Righteous Playgrounds“, heißt es in einem Track auf „Done By The Forces Of Nature“).

Danach allerdings ging nicht mehr viel: Für ihr drittes Album brauchten sie geschlagene vier Jahre. Ein großer Wurf sollte das werden (war es auch, wie diejenigen sagen, die es im Original gehört haben), wurde aber von der Plattenfirma abgelehnt und später in einer verstümmelten, vermeintlich markttauglichen Version veröffentlicht. Ähnlich wie die Kollegen von De La Soul verschwanden die Jungle Brothers dann für Jahre von der HipHop-Bildfläche, um schließlich mit „Raw Deluxe“ ein leidlich großartiges Album einzuspielen: Das war mit Hits nur so gespickt, lag aber einmal mehr so ziemlich neben der Zeit.

Seit aber die Rawkus-Leute ihre Soundbomben werfen und HipHop endlich wieder nach anderem als Puff Daddy und dem Wu-Tang-Clan schmeckt, seit nicht zuletzt auch jemand wie Fatboy Slim die native tongues entdeckt hat und „I left my vallet in El Segundo“ von A Tribe Called Quest oder eben den Jungle-Brothers-Klassiker „Because I Got Like That“ (mit ziemlich schrecklichem ELO-Sample: „Don't bring me down“!) remixt, scheint da wieder was zu gehen für die mittlerweile nur noch zu zweit rappenden Jungle Brothers. Bleibt abzuwarten, wie ihr neues, im September erscheinendes Album klingen wird, wenn einer wie Alex Gifford die Regler durchgängig bedient. Um Grenzen geschert haben sich die Jungle Brothers jedenfalls noch nie.

Wenn es also demnächst gen BigBeat und Monster-Pop geht, paßt das nur ins Bild des weitverzweigten Jungle-Brothers-HipHop-Universums. Und ist man dort einmal eingetaucht, möchte man nie wieder was anderes als HipHop hören. Gerrit Bartels

Heute ab 22 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen