Wenn die Mafia bei der Polizei die Schulbank drückt

■ In die Polizeiausbildung kommt Bewegung: Verwaltungsfachhochschule wird Wissenschaftsverwaltung zugeordnet. Vorerst keine polizeiinterne Fachhochschule geplant

Die von Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert öffentlich gemachte Debatte über die miserable Polizeiausbildung zeigt erste Ergebnisse: Im Parlamentarischen Innenausschuß haben Bündnisgrüne und PDS gestern einem SPD-Antrag zugestimmt, die verwaltungsmäßige Zuständigkeit für die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FHVR) von der Innen- zur Wissenschaftsverwaltung zu verlagern. Am Fachbereich 3 (Polizeivollzugsdienst) mit derzeit 1.219 Studenten wird das Gros des Berliner Polizeinachwuchses ausgebildet. Die neue Zuständigkeit wird nach Einschätzung des innenpolitischen Sprechers der Grünen, Wolfgang Wieland, zu einer größeren Unabhängigkeit der FHVR bei Lehrinhalten, Prüfungsbedingungen und der Lehrkräfteauswahl führen. An der „Beamtenfachschule“ werden die Polizeianwärter für den gehobenen Dienst sowie Rechtspfleger und Steuerverwaltungsbeamte ausgebildet.

Der SPD-Politiker Bert Flemming hatte den Antrag mit den Anforderungen an den öffentlichen Dienst im Zuge des gesellschaftlichen Wandels begründet: Die CDU hatte die Abstimmung vergebens zu verhindern versucht. Der Senat muß nun bis zum 31. März 2000 die gesetzliche Regelung vorlegen. Die Wissenschaftsverwaltung hat die Zusammenlegung, die auch Geld sparen soll, schon lange empfohlen.

Eine weitere Neuigkeit ist, daß es vorerst keine polizeiinterne Fachhochschule geben wird. Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) bestätigte gestern einen entsprechenden Vorschlag des Leiters der Landespolizeischule (LPS), Jürgen Simon, von vor zwei Jahren. Es sei aber „nie die Meinung der Innenverwaltung“ gewesen, eine polizeiinterne Fachhochschule zu gründen. Simon hatte eine Zusammenlegung des Fachbereichs 3 der FHVR mit der LPS vorgeschlagen. An der LPS werden nur Anwärter für den mittleren Dienst ausgebildet – zur Zeit noch 345 –, der mittelfristig wegfällt. Nach dem gestrigen Beschluß, die FHVR der Wissenschaftsverwaltung zuzuschlagen, könnte es jedoch sein, daß die CDU-geführte Innenverwaltung und die Polizeiführung auf neue Wege sinnen, wie sie sich die Verantwortung für die Polizeiausbildung wieder unter den Nagel reißen können. Böse drohte gestern bereits zwischen den Zeilen. Simon malte in schillernden Farben aus, was eine „freie Studierbarkeit“ des Polizeiberufes mit sich bringen würde: Dann könne nicht mehr über Polizeitaktik und Verschlußsachen unterrichtet werden, „oder wir nehmen gleich die Mafia mit rein“, sagte er zur großen Erheiterung der Abgeordneten. Die ihm unterstellte Polizeischule verteidigte Simon mit den Worten, sie sei keineswegs ein auslaufendes Modell, sondern habe mit Fortbildungslehrgängen – weit über 30.000 Absolventen im Jahr – „genug zu tun“. Die LPS sei auch „kein Hort von Säufern, Querdenkern und zu Disziplinarstrafen Verdonnerten“, verwahrte er sich gegen einen entsprechenden Zeitungsbericht. Auf Nachfrage von Wieland, seit wann es bei der Polizei keine Strafversetzung an die LPS mehr gebe, räumte Simon ein: „Nicht mehr seit drei Jahren.“ Fortsetzung der Debatte folgt im September nach der Sommerpause im Innenausschuß.

Plutonia Plarre