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„Ich finde diese ,Lösung' unehrlich“

■ betr.: „Bischöfe wollen beraten“, taz vom 24. 6. 99

Von den Bischöfen können Sie noch viel lernen, Herr Eichel! Die Einsparmöglichkeiten sind enorm, wenn Sie auf die Scheine für die Rentenzahlungen, Beamtengehälter etc. einen kleinen Zusatz aufdrucken lassen: „Diese Banknote kann nicht als Zahlungsmittel verwendet werden.“ Wolfgang Weck, Klein-Winternheim

Was die Bischöfe da in Fulda hingekriegt haben – alle Achtung! [...]

Die katholischen Bischöfe könnten mit der Lösung ihres Loyalitätskonflikts mit Rom zur Schwangerenberatung das erste Kapitel zu einem neuen Band beitragen, der heißen könnte: „Anleitung zum Glücklichsein“, 1. Kapitel: „Wie löse ich einen Konflikt, ohne ihn zu lösen?“ – Ein Lehrstück hierzu könnte etwa so verlaufen:

Konfliktsituation aus dem pädagogischen Alltag: Mutter: „Ach, was freue ich mich schon auf unseren gemeinsamen Urlaub mit dem neuen Wohnwagen. Es ist doch jedes Jahr wieder schön am Wörthersee. Oder?“ – Sohn: „Ich will nicht mit euch in Urlaub nach Kärnten fahren. Ich bin jetzt 16 und will mit meinen Freunden mit dem Zug nach Paris. Ich brauch' aber das Geld für die Fahrt von euch.“

Herkömmliche Antwort der Mutter (falsch): „Kommt gar nicht in Frage, Paris ist viel zu gefährlich. Du kriegst keinen Pfennig von uns!“ Sohn: „Wenn das so ist, dann trampe ich eben, da könnt ihr gar nichts gegen machen. Und (Lautstärke steigt) ob ich hier in eure Spießerbude überhaupt wieder einziehe, wenn ich zurückkomme, muß ich mir noch mal gründlich überlegen.“ (Türenknallen, Tränen der Mutter)

Neue Antwort der Mutter nach dem bischöflichen Muster (richtig): „Ich möchte betonen (erhaben, tiefstimmig), daß ich dir generell und unwiderruflich die Fahrt nach Paris verbiete und das Kraft meiner Autorität als Mutter – und (sanfter) deshalb fahren wir jetzt zum Bahnhof. Dort kaufe ich dir eine Fahrkarte nach Paris, auf die ich schreibe: ,Dies ist keine Fahrkarte, und man kann mit ihr nicht nach Paris fahren!'“

Sohn: „Mutter, du bist die Beste!“ (Küßchen wie früher, Erröten und kleine Freudentränen) [...] Thomas Röhrs, Bremen

betr.: „Das begreift niemand mehr“ (Christa Nickels zum Beratungsausstieg), taz vom 19./20. 6. 99

[...] Ist es tatsächlich nötig, daß die katholische Kirche über ihre Dogmen hinwegsieht, nur um dem – vom deutschen Staat ausgeklügelten – Beratungswesen und seinen Zwängen Genüge zu tun? Man sollte eigentlich meinen, daß ein mehrfach und wohl noch immer nicht zur Zufriedenheit der meisten reformierter Paragraph auch ein weiteres Mal erneuert werden könnte. Schließlich wird ungewollt schwangeren Frauen, die über eine mögliche Abtreibung nachdenken, in diesem Land auch nach der sogenannten Reform des § 218 keine wirkliche Entscheidungsfreiheit und –fähigkeit zugestanden. [...]

Statt also endlos an der katholischen Kirche herumzukritisieren, deren prinzipielles Nein zu Schwangerschaftsabbrüchen schließlich schon seit eh und je feststeht, sollte man lieber über eine erneute Reform des § 218 nachdenken, bei der die Beratung als mögliches statt erzwungenes Hilfsangebot erhalten bliebe, also auf die Kompetenz der Frauen statt auf Reglementierung gesetzt würde. Solange eine solche Reform, und das unter einer rot-grünen Regierungskoalition, nicht einmal diskutiert wird, sollte Frau Nickels sich fragen, wem letztendlich „Vorschriften heiliger (...) als das Leben“ sind: Die Liebe zur Vorschrift und zum gesetzlich festgelegten Status quo scheint doch insbesondere für die Vertreter/innen des Staates zu gelten. Simone Loleit, Essen

Der Beschluß der katholischen Bischöfe zur Schwangerschaftskonfliktberatung sollte ein Anlaß sein, das Subsidiaritätsprinzip zu überdenken. Die soziale Versorgung der Bevölkerung darf nicht in die Hände von Organisationen gelegt werden, die so unzuverlässig sind wie die katholische Kirche. [...] Irene Nickel, Braunschweig

betr.: „Ein Bankrott der Moral, taz vom 24. 6. 99

[...] Ich bin katholisch und finde diese „Lösung“ unehrlich. Die Entscheidung gegen den Schein wäre für die Frauen hart, aber konsequent. Aber hatte vielleicht jemand davon geträumt, die Bischöfe könnten miteinander gegen Rom stimmen? Vielleicht möchte ja einer irgendwann einmal Papst werden ... Irene Manger, Fulda

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